"Cancel Culture"
Kita wird massiv bedroht: Netz rastet aus, weil Kindergarten keinen Weihnachtsbaum aufstellt
13.12.2023, 07:38 Uhr
Die Kita Mobi, im Hamburger Stadtteil Lokstedt, teilte vor Kurzem ihren Eltern mit, dass sie in diesem Jahr auf den traditionellen Weihnachtsbaum verzichten werden, berichten zuvor mehrere Medien in Bezug auf das "Hamburger Abendblatt". Demnach sei es Wunsch der Leitung, dass die Tanne dieses Jahr nicht aufgestellt wird, um kein Kind und keinen Glauben auszuschließen und so die Religionsfreiheit zu wahren. Das Netz und Eltern reagieren empört und werfen der Kita nun "Cancel Culture" vor.
Gegenüber mehreren Nachrichtenportalen äußerten sich Eltern und Sorgeberechtigte kritisch. So erklärte eine Großmutter gegenüber "Bild", dass ein Baum "in Deutschland einfach zur Weihnachtszeit" dazugehört. "Ich finde es traurig, dass die Kinder in dieser Kita keinen haben können". Auch andere teilen diese Meinung und ein Vater ergänzt gegenüber dem "Hamburger Blatt": "Wir sind alle tolerant, aber dieser Verzicht auf ein traditionelles Symbol des Friedens, übrigens auch jenseits des Christentums, ist für viele Eltern und Kinder schwer nachvollziehbar“.
Die Kritik reicht so weit, dass Eltern in diesem Vorgehen ein weiteres Beispiel für eine Politik sehen, welche aus einer ideologischen Haltung heraus früher beziehungsweise übliche Verhaltensweisen untersagt, kritisiert oder sogar verbietet. Es fällt das Stichwort "Cancel Culture". Das Vorgehen der Kita verbreitet sich wie ein Lauffeuer und auch prominente Persönlichkeiten kommentieren diesen Vorfall. So schreibt CDU-Politikerin Julia Klöckner auf Facebook: "Konsequenterweise müsste die Kita dann auch über die Weihnachtsfeiertage geöffnet sein …". Auch bayrischer Ministerpräsident Markus Söder teilte über mehrere Plattformen: "Das ist absurd. Haben wir denn keine anderen Probleme? Zu Weihnachten gehört ein Weihnachtsbaum."
Vorstand: "Unterstellungen sind falsch"
Betrieben wird die Kita Mobi von der Stiftung Kindergärten Finkenau. Diese wendet sich derweil an die Öffentlichkeit und stellt bereits zu Beginn ihres Statements klar: "die aktuellen Presseberichte, die unterstellen, die Kita Mobi würde christliche Traditionen abschaffen, sind falsch." In einem kurzen, jedoch recht eindeutigem Schreiben erklärt der Vorstand weiter, dass alle Finkenau Einrichtungen eine Mehrzahl von weihnachtlicher Tradition ausleben. Dazu gehören einerseits Adventskalender und -kränze, aber auch Dekorationen, wie Tannenzweige, Kugeln und Lichterketten. Grundsätzlich sei es jedoch jeder einzelnen Einrichtung möglich zu entscheiden, wie genau sie ihre Räumlichkeiten zur Weihnachtszeit gestalten, erklärt Vorstandsmitglied Linda Köster im Gespräch mit "Bild".
Dass das Fehlen eines Tannenbaumes solche Kritik auslöst, schockieren die Kita wie auch die Eltern. In einem offenen Brief wenden sich die gewählten Vertreterinnen und Vertreter der Eltern unter anderem an den Vorstand der Finkenau und den Bezirskelternausschuss (BEA). Darin erklären sie, dass "mit Bestürzung die Berichte in der Presse und vor allem die öffentlichen Kommentare aus der Gesellschaft zu dem Thema 'Tannenbaum' verfolgt" wurden. Weiter bekräftigen die Vertreterinnen und Vertreter, dass sie sowie auch die Kita sich tagtäglich für kulturelle Vielfalt, Diversität und eine religionsübergreifende Gemeinschaft engagieren.
Gleichzeitig hält man es für unvertretbar, dass eine "kitainterne Entscheidung" für eine gesamtgesellschaftliche Debatte instrumentalisiert worden ist. "Neben den täglichen Herausforderungen wird sehr wohl mit Kindern der meisten Gruppen weihnachtlich geschmückt, gebastelt, (Winter-)Weihnachtsfeiern veranstaltet und Weihnachtskalender geöffnet", erklärt der Brief. Der Vorstand ergänzt, dass seit den 10 Jahren, in welchen die Kita Mobi besteht, es etwa dreimal einen Weihnachtsbaum gegeben hat.
Auch der Vorstand der Stiftung zeigt sich zutiefst erschüttert über die "massiven rassistischen Drohungen, persönlichen Beleidigungen, Anschuldigungen und Erpressungsversuche", mit welchen die Kita und die Träger konfrontiert sind. Die Einrichtung versteht sich selber als eine frühkindliche Bildungsstätte, wo Kinder neben christlich geprägten Festen auch andere kulturelle Gepflogenheiten kennenlernen. "Dies sollte für eine weltoffene Stadt wie Hamburg selbstverständlich sein". Weiter räumt der Vorstand ein, dass eine unglückliche Formulierung zur kultursensiblen Haltung der Kita wohl grundlegend für eine undifferenzierte Berichterstattung sei.