Wegen Frauenquotenplatz im Bundestag

Magazin "Emma" diffamiert Trans-Politikerin Tessa Ganserer

22.1.2022, 18:13 Uhr
Auf Twitter solidarisierten sich zahlreiche User mit Tessa Ganserer.

© Daniel Karmann, NNZ Auf Twitter solidarisierten sich zahlreiche User mit Tessa Ganserer.

Die transidente Politikerin Tessa Ganserer sitzt für die Grünen im Bundestag - auf einem Frauenquotenplatz. So hätte der Artikel des nach eigenen Angaben feministischen Magazins Emma beginnen können. Stattdessen wird trans Frau Ganserer aber als "physischer und juristischer Mann" bezeichnet - und damit sind wir bereits beim Kern der Debatte, die der Artikel ausgelöst hat.

Aber von vorne: Ganserer ist im Oktober 2021 für den Wahlkreis Nürnberg-Nord in den Bundestag eingezogen. Dort sitzt sie auf einem Frauenquotenplatz ihrer Partei. Die Grünen besetzen mindestens die Hälfte ihrer Plätze in Gremien mit Frauen. "Von dem Begriff 'Frauen'", so steht es im Frauenstatut der Partei, "werden alle erfasst, die sich selbst so definieren". Das kritisiert der Emma-Artikel: "Diese parteiinterne Klausel wurde nun jedoch de facto von den deutschen Wahlbehörden übernommen: Ganserer wird im Bundestag und statistisch als Frau geführt."

Ganserer ist eine Frau, wird in amtlichen Registern sowie auf ihrem Personalausweis allerdings noch als Mann geführt. Die amtliche Änderung des Personenstandes sowie des Geschlechts nach dem aktuell geltenden Transsexuellengesetz bedeutet für Betroffene einen langwierigen sowie oft demütigenden Prozess voller Gutachten. Ganserer kämpft für die Abschaffung des Transsexuellengesetzes und für ein Selbstbestimmungsgesetz, bei dem nur das Geschlechtsempfinden der Betroffenen für Änderung von Vorname und Geschlechtseintrag notwendig ist.

"Ein Mann, dem das Mandat nicht zusteht"

"Statt einer Frau sitzt also jetzt ein Mensch auf diesem Platz, der körperlich und rechtlich ein Mann ist [...]", kritisiert Emma. Das Magazin impliziert damit, Ganserer nicht als Frau anzuerkennen und stellt ihre Identität in Frage. Diesen Standpunkt vertritt auch die selbstredend feministische Initiative "Geschlecht zählt", die Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl von Ganserer eingelegt hat: "Im Parlament sitzt ein Mann, dem das Mandat nicht zusteht". Die Besetzung eines Frauenquotenplatzes durch Ganserer verstoße gegen das Demokratieprinzip und damit gegen die Wahlgrundsätze. Zudem würden Statistiken zum Frauenanteil im Parlament verfälscht.

Im Laufe des Textes folgen weiteres Misgendering, also die fälschliche Bezeichnung Ganserers als Mann inklusive der männlichen Pronomen "er" und "sein", und die Verwendung ihres sogenannten "Deadname", den sie vor ihrer Bekennung zu ihrer Transidentität trug. Die sich selbst als Feministinnen bezeichnenden Unterstützerinnen der Initiative outen sich damit als "TERFs", also Mitglieder des trans-ausschließenden radikalen Feminismus, und diffamieren Ganserer, indem sie ihre Identität nicht anerkennen.

Auf Twitter empörten sich unter dem Hashtag #SolidaritaetMitTessa zahlreiche User und Parteikollegen über den Artikel und die Initiative. So solidarisiert sich auch Grünen-Bundestabsabgeordnete Jamila Schäfer mit ihrer Parteikollegin: "Trans*Frauen sind Frauen. Daran kann auch diffamierende Berichterstattung nichts ändern." Eine andere Userin schreibt: "trans Frauen sind Frauen und wenn ein Magazin sich selbst feministisch nennt und dann trans Frauen angreift, ist es halt ein TERF-Magazin und nichts, was ich mit Feminismus verbinde."