Mutmaßlicher Täter von Frankfurt soll drei Kinder haben

30.7.2019, 11:57 Uhr
Passanten und Reisende haben am Dienstag am Hauptbahnhof in Frankfurt am Main Blumen und Stofftiere zum Gedenken an den Jungen abgelegt, der am Montag zusammen mit seiner Mutter vor einen einfahrenden ICE gestoßen worden war.

© Heike Lyding, epd Passanten und Reisende haben am Dienstag am Hauptbahnhof in Frankfurt am Main Blumen und Stofftiere zum Gedenken an den Jungen abgelegt, der am Montag zusammen mit seiner Mutter vor einen einfahrenden ICE gestoßen worden war.

Der mutmaßliche Täter vom Frankfurter Hauptbahnhof hat bis zuletzt im Kanton Zürich in der Schweiz gelebt. Wie die Schweizer Polizei am Dienstag via Twitter mitteilte, war der Mann mit eritreischer Staatsbürgerschaft im Besitz einer sogenannten Niederlassungsbewilligung. Diese wird Ausländern in der Schweiz nach einem Aufenthalt von fünf oder zehn Jahren im Land ausgestellt. Niedergelassene haben damit laut dem Staatssekretariat für Migration ein unbeschränktes Aufenthaltsrecht. Nach Informationen von Nadja Niesen von der Staatsanwaltschaft Frankfurt soll der Mann "verheiratet und Vater von drei Kindern" sein.

Der 40-Jährige soll am Montag einen achtjährigen Jungen vor einen einfahrenden ICE in den Tod gestoßen haben. Auch die Mutter des Jungen soll er ins Gleisbett gestoßen und es bei einer weiteren Person versucht haben. Die Mutter aus dem Hochtaunuskreis wurde verletzt. Die dritte Person konnte sich in Sicherheit bringen, ohne auf die Gleise zu stürzen.

Erkenntnisse zum Tatmotiv gibt es bisher nicht. Der Verdächtige habe noch keine Angaben zum Tatgeschehen gemacht, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft am Morgen. Der Mann aus Eritrea soll im Laufe des Tages dem Haftrichter vorgeführt werden. Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen wegen des Verdacht des Mordes und des versuchten Mordes aufgenommen.

 

 

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) unterbrach seinen Urlaub und will sich "angesichts mehrerer schwerwiegender Taten in jüngerer Zeit" am Dienstag in Berlin mit den Chefs der Sicherheitsbehörden beraten. Die Ergebnisse wird er auf einer Pressekonferenz (15.00 Uhr) vorstellen. Bei dem Treffen soll es nach dpa-Informationen neben der Attacke am Frankfurter Hauptbahnhof auch um Angriffe und Drohungen gegen Vertreter der Linkspartei gehen, um Bombendrohungen gegen Moscheen sowie den rassistisch motivierten Angriff auf einen Eritreer im hessischen Wächtersbach.

Am Tatort herrschte am Dienstag Entsetzen. Zahlreiche Menschen legten am Bahnsteig 7 des Hauptbahnhofs Blumen, Kerzen und kleine Teddybären nieder. Am Abend soll es im Bahnhof eine öffentliche Andacht geben, an der Vertreter von katholischen und evangelischen Gemeinden teilnehmen.

Debatte um Sicherheit an Gleisen

Die Attacke im Hauptbahnhof löste auch eine Debatte über die Sicherheit an Bahnhöfen aus. Der CDU-Innenpolitiker Philipp Amthor sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Nach dieser furchtbaren Straftat braucht es jetzt rasche und spürbare Konsequenzen für den Täter. Zusätzlich zum Strafverfahren sollten auch aufenthaltsbeendende Maßnahmen diskutiert werden. Darüber hinaus bin ich offen für eine Diskussion über bessere Sicherheitsvorkehrungen an unseren Bahnhöfen."

Der SPD-Verkehrsexperte Martin Burkert bemängelte in der "Bild"-Zeitung (Dienstag) eine unzureichende Aufsicht an den Bahnsteigen, außerdem fehle es an den Bahnhöfen an Bundespolizisten.

"Tat offenbart Menschlichkeitslücke"

Aus Sicht der Vorsitzenden der Verkehrsministerkonferenz, Anke Rehlinger (SPD), sind Taten wie in Frankfurt durch Sicherheitsmaßnahmen allerdings nicht zu verhindern. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Dienstag) sagte die saarländische Verkehrsministerin: "Eine solche Tat offenbart keine Sicherheitslücke, sondern eine Menschlichkeitslücke."

Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jörg Radek, warnte unterdessen vor Nachahmungstätern. Aus Großstädten wie Berlin seien Fälle sogenannter S- und U-Bahn-Schubser schon länger bekannt. "Die Polizei versucht sich nach jedem Fall präventiv besser einzustellen. Bei Taten, die vorsätzlich geschehen, stößt sie jedoch an ihre Grenzen", sagte Radek dem RND. Angesichts von 5600 Bahnhöfen und Haltestellen in Deutschland dürfe nicht mit schnellen Lösungen gerechnet werden. "Die sind alle so unterschiedlich strukturiert, dass es schwer sein dürfte, ein Konzept für alle zu entwickeln." Forderungen nach mehr Personal bezeichnete der GdP-Vize als unseriös.

Der Frankfurter Fall erinnert an eine Attacke, die sich vor gut einer Woche in Voerde in Nordrhein-Westfalen ereignet hatte: Dort hatte ein Mann eine Frau an einem Bahnhof vor einen Zug gestoßen und so getötet.