10-Jahres-Fazit

Studie: Diese Medikamente erhöhen Demenz-Gefahr um 50 Prozent

Stefan Zeitler

Online-Redaktion

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28.3.2023, 19:21 Uhr

Sie gehören bei Tausenden Menschen in den Reisekoffer oder die Badezimmer-Apotheke. Abführmittel. Doch aufgepasst – wie eine aktuelle Studie herausgefunden haben will, kann durch die Einnahme derartiger Mittel die Gefahr, an Demenz zu erkranken, sogar deutlich steigern. Zurück gehen diese Daten auf die Untersuchungen der University of Cambridge und der Chinesischen Akademie der Wissenschaften. Über insgesamt zehn Jahre arbeiteten hier Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zusammen. Untersucht wurden dabei Probanden, die zu Beginn der Studie zwischen 40 und 65 Jahren alt gewesen sind.

Ganze Dekade

Über eine ganze Dekade wurde dann der Gesundheitszustand genauer analysiert und dokumentiert. Das Fazit der Experten am Ende – durchaus interessant. Im Laufe der beobachteten zehn Jahre erkrankten von den Testpersonen, die regelmäßig Abführmittel einnahmen, rund 1,3 Prozent an Demenz. Im Gegensatz dazu betrug der Anteil der Teilnehmenden, die an Demenz erkrankten aber keine Abführmittel nutzten, nur 0,4 Prozent.

Zieht man alle weiteren Risikofaktoren zu Rate – wie beispielsweise Vor- und Begleiterkrankungen sowie genetische Faktoren – ergibt sich ein erhöhtes Demenzrisiko von 50 Prozent, bei einer regelmäßigen Einnahme von Abführmitteln. Dabei merkten die Expertinnen und Experten noch an, dass hier vor allem das Risiko für Demenz im Allgemeinen sowie für die sogenannte vaskuläre Demenz steige, nicht aber die Gefahr, an Alzheimer zu erkranken. Besonders häufig sei dieser Effekt unterdessen bei der Einnahme osmotisch wirkender Abführmittel zu beobachten gewesen. Bei diesen Präparaten wird Wasser in den Darm gezogen, der Stuhl dadurch verdünnt.

Der Verdacht hier: Abführmittel können die Darmbarriere schwächen. Danach haben es Giftstoffe und entzündungsfördernde Botenstoffe leichter, aus dem Darm in den Blutkreislauf zu gelangen. Aus früheren Studien habe man zudem die Erkenntnis gewonnen, dass osmotisch wirksame Laxanzien das Mikrobiom des Darms verändern können. Das habe dann auch eine Veränderung der Produktion von Botenstoffen im Darm zur Folge. Durch diesen Vorfall kann dann auch unter Umständen über die Darm-Hirn-Achse das Gehirn beeinflusst werden.

Der Transparenz her sei aber auch an dieser Stelle gesagt: Um zweifelsfrei belegen zu können, dass die Nutzung von Abführmitteln biologisch damit verbunden ist, die Gefahr, an Demenz zu erkranken, zu erhöhen, bedarf es noch zwingend weiterer gezielter klinischer Studien. Bereits jetzt jedoch hat Peter Berlit, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, gegenüber „Scinexx“, eine klare Botschaft: "Dennoch raten wir angesichts des Ergebnisses zur Vorsicht im Umgang mit Laxanzien, gerade vor dem Hintergrund, dass Demenzerkrankungen immer weiter zunehmen“. Laut aktuellen Statistiken und Auswertungen würden derzeit etwa 20 Prozent der Allgemeinbevölkerung regelmäßig Abführmittel nutzen. In Pflege- und Altenheimen liege der Wert hier aber bei rund 70 Prozent.