Tipps für Eltern

Neue Studie überrascht: Teenagern mit Geschwistern geht es psychisch schlechter

Greta Nagel

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1.2.2024, 08:50 Uhr
Die Beziehung der Geschwister entscheidet mit über die psychische Gesundheit (Symbolbild).

© IMAGO / Cavan Images Die Beziehung der Geschwister entscheidet mit über die psychische Gesundheit (Symbolbild).

Eine Studie, die im Fachblatt "Journal of Family Issues" veröffentlicht wurde, zeigt, dass Geschwister der psychischen Gesundheit von Teenagern schaden können. Genauer kommt die Studie zum Ergebnis: Teenager mit Geschwistern haben mehr depressive Symptome oder Ängste als Gleichaltrige mit nur einem oder keinem Geschwisterkind.

Rund 9400 Achtklässler aus China und 9100 gleichartige aus den USA hatten die Wissenschaftler zu ihrer mentalen Gesundheit befragt. Außerdem mussten die Kinder beantworten, wie viele Geschwister sie haben. Das Ergebnis zeigt: Den Kindern in China ging es am besten, wenn sie Einzelkinder sind. In den USA hingegen war es nahezu egal, ob es in der Familie ein oder zwei Kinder gibt. Teenager mit zwei Geschwistern fühlten sich laut der Umfrage aber deutlich schlechter. Insgesamt war der Einfluss von Geschwistern in beiden Ländern aber ähnlich. Es war egal, ob es sich um Halb- oder Vollgeschwister handelte.

Geschwister konkurrieren um Aufmerksamkeit ihrer Eltern

Aus Sicht der Wissenschaftler lässt sich das Ergebnis mit der Ressourcen-Hypothese erklären. Sie geht davon aus, dass Geschwister um die Aufmerksamkeit und Fürsorge der Eltern konkurrieren. Ein Einzelkind hingegen bekommt alle Ressourcen der Eltern und muss sie nicht teilen, erklärt Doug Downey, Studienleiter und Soziologieprofessor an der Ohia State University. "Wenn man weitere Geschwister hinzufügt, bekommt jedes Kind weniger Ressourcen und Aufmerksamkeit, und das könnte einen Einfluss auf seine mentale Gesundheit haben", zitiert die "Süddeutsche Zeitung" den Soziologen in ihrem Artikel zur Studie.

Internationale Studien würden seit langem zeigen, dass sich Eltern um ihre jüngeren Kinder nicht mehr so intensiv kümmern würden wie um die Erstgeborenen, heißt es im Bericht – so auch die Studie aus Ohio. Die Forschenden fanden heraus, dass es den befragten Teenagern psychisch umso schlechter ging, je kleiner der Altersabstand zu ihren Geschwistern war.

Diese Daten mögen überraschen, wo es doch oft heißt, dass Kinder Geschwister brauchen. Auch Kinder- und Jugendarzt Wieland Kiess sagt gegenüber der "Süddeutschen Zeitung": "Zum ersten Mal sieht man hier, hoopla, Geschwister sind offenbar nicht nur gut." Er betont aber auch, dass viele Faktoren zur psychischen Entwicklung von Kindern beitragen und die Interpretation solcher Studien wie die der Ohio State University schwierig seien. Ein Risikofaktor für eine mentale Erkrankung sei beispielsweise Armut, so Kiess im Bericht der "Süddeutschen Zeitung".

Auch in der Studie konnte dieser Effekt beobachtet werden. Insgesamt waren die Kinder aus Familien, die finanziell gut gestellt waren, psychisch gesünder.

Positive Effekte von Geschwistern

Geschwister zu haben, hat aber genauso positive Effekte. Dem Bericht zur Folge haben US-amerikanische Kinder mit mehr Brüdern und Schwestern bessere soziale Fähigkeiten und lassen sich als Erwachsene seltener scheiden.

Ob Geschwister einem Kind psychisch zusetzen würden, sei aber vermutlich vor allem von der Qualität der Beziehung abhängig, schreibt die "Süddeutsche Zeitung". Zuneigung könne Resilienz fördern, wohingegen Hass, Erniedrigungen und bösartige Streitereien das Gegenteil bewirke.

Tipp für Eltern

Wichtig sei es deshalb, dass Eltern die Beziehung zwischen Geschwistern fördern und keinesfalls die Konkurrenz zwischen ihnen anheizen, so Kiess im Bericht. Für Kinder gelte weiter: Sie brauchen Kinder, damit sie Sozialverhalten lernen. Das müssen laut Kies auch nicht zwangsläufig Geschwister sein.

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