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Weniger Katzen, mehr Relevanz? Schweizer Politiker fängt sich Shitstorm im Netz ein

Christian Urban

Online-Redakteur

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23.05.2025, 19:48 Uhr
Das Internet ohne Katzen? Unvorstellbar. (Symbolbild)

© IMAGO/Bernd Feil /M.i.S. Das Internet ohne Katzen? Unvorstellbar. (Symbolbild)

Gerhard Pfister ist nicht irgendein schweizer Politiker, sondern er ist der Präsident der Partei Die Mitte, die 2021 durch die Fusion der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) und der Bürgerlich-Demokratischen Partei (BDP) entstand. Er ist also durchaus ein politisches Schwergewicht und wie fast alle Kolleginnen und Kollegen in den Sozialen Netzwerken aktiv. Auch auf dem hauptsächlich von Twitter-Exilanten bevölkerten Netzwerk Bluesky, das noch recht jung ist und mit derzeit etwas mehr als 36 Millionen Nutzern weltweit verhältnismäßig klein ist, hat Pfister einen Account.

33 Postings (Stand 23.05.2025, 19 Uhr) hat Pfister bislang insgesamt abgesetzt - nicht unbedingt viel für einen Account, der seit fast genau einem halben Jahr existiert. Auch die Interaktionen mit seinen Postings hielten sich in Grenzen - bis jetzt.

Ausgerechnet einen Skeet (so werden Postings umgangssprachlich auf Bluesky genannt) der Nutzerin Cathulhu (@cathulhufhtagn.bsky.social), in der sie über die Angst vor dem Tag schreibt, an dem eine ihrer Katzen stirbt, zitierte Pfister und schrieb darüber: „Wenn blue sky echte Alternative zu X werden will, würden weniger Katzenposts und dergleichen und mehr Relevanz sicher helfen.“ Die Reaktionen kamen prompt und lassen sich durchaus als veritablen Shitstorm bezeichnen.

Das Posting von Gerhard Pfister hatte zahlreiche Reaktionen zur Folge.

Das Posting von Gerhard Pfister hatte zahlreiche Reaktionen zur Folge. © Screenshot Bluesky

Nicht nur wird seit Pfisters Posting die Kommentarspalte darunter mit zahllosen Katzenbildern geflutet, auch mit seiner Aussage an sich gehen die Nutzerinnen und Nutzer hart ins Gericht. Schließlich hatten viele von ihnen Twitter/X verlassen, weil sie die dort vorherrschende toxische Atmosphäre und die ständige Konfrontation mit Hasse, Hetze und Verschwörungsmärchen - immer wieder gefördert und verstärkt vom X-Besitzer und Trump-Einflüsterer Elon Musk - nicht mehr ertragen haben. Besonders Pfisters Mangel an Empathie angesichts der Angst vor dem Tod eines geliebten Haustiers bringt viele Menschen auf die Palme, wie in zahlreichen Skeets lesbar ist. Einige Beispiele:

„Gerhard postet nur alle paar Jubeljahre mal was auf Bsky, will dann aber Relevanz und furzt deswegen diesen Skeet unter einen emotional ernsten Post. Seid nicht wie Gerhard.“ (@exvolo.bsky.social)

„Unrelevant sich als Mensch mal paar Gedanken zu machen über Leben und Tod der liebsten? Kannste dir nich ausdenken.“ (@unminded.bsky.social)

„Tschuldigung, aber könnse ma wechgehen? Sie versperren mir die Sicht auf Relevantes!“ (@kopperphoto.bsky.social)

„Als vermeintliche Person des öffentlichen Lebens hier inhaltslos Leute anprangern wollen und dann von Relevanz sprechen. Ganz mein Humor“ (@sinanski.bsky.social)

„Gemessen an der Menge der Antworten ist dieser Post sehr relevant, Glückwunsch.“ (@kitkaos.bsky.social)

„Haben Sie als Spitzenpolitiker nichts Besseres zu tun, als anrührende Skeets mit der Empathie einer Mikrowelle zu kommentieren“ (@derwahremawa.bsky.social)

„Ich würde gerne mitmachen, aber du bist hier jetzt schon hundertfach so hart eingesargt worden, dass ich es mir spare. Ab einem gewissen Punkt ist es halt nur noch einen alten Mann verprügeln. Muss ja nicht sein.“ (@kleinemaulwurf.bsky.social)

Und wie geht es Cathulhu mit dem Vorgang? „Die Antwort ist so abwegig und hat nichts mit meinem Skeet zu tun, dass ich erstmal echt verwirrt war, ob das ein Witz sein soll“, erklärt sie gegenüber unserer Redaktion, „aber er scheint das wirklich ernst zu meinen.“

Gerhard Pfister hat bislang, Stand 23.05. um 19 Uhr, noch nicht auf die heftige Kritik an seinem Posting reagiert. Etwas erreicht hat der Politiker aber dennoch, auch wenn sich hier Vergleiche mit dem Streisand-Effekt mehr als aufdrängen: „Wir haben heute viele Katzen gesehen, was schön war“, freut sich Cathulhu.

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