Mehr Geld ab 2024

Arbeiten lohnt sich (noch): Alles gut ist mit dem Bürgergeld aber keineswegs

Manuel Kugler

Leitung Newsdesk

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02.09.2023, 18:55 Uhr
Zwölf Prozent mehr Geld gibt es für die gut fünf Millionen Bezieher von Bürgergeld ab 2024.

© Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa Zwölf Prozent mehr Geld gibt es für die gut fünf Millionen Bezieher von Bürgergeld ab 2024.

Jetzt werden die Taschenrechner wieder ausgepackt. Kaum hat Arbeitsminister Heil die künftigen Bürgergeld-Sätze verkündigt, stellen Kritiker und Befürworter komplizierte Rechnungen an, um Belege für die These zu finden, dass sich Arbeit entweder nicht mehr oder eben doch noch lohnt. Es wäre ein Leichtes, die Schuld für das Wiederaufflammen dieser alten Debatte einem Jens Spahn oder Friedrich Merz zu geben, weil die scheinbar auf dem Rücken der Schwächsten Oppositionspolitik betreiben.

Merz trifft einen Nerv in der Gesellschaft

Zur Wahrheit gehört aber auch: Die von Merz und Spahn aufgeworfene Frage - ob jemand, der nicht arbeitet, am Ende mehr Geld hat als jemand, der arbeitet - trifft auch deshalb einen Nerv in der Gesellschaft, weil die Antwort selbstverständlich sein sollte, es aber nicht mehr ist. Anders formuliert: Eigentlich sollte niemand einen Taschenrechner brauchen, um zu dem Schluss zu kommen, dass sich Arbeiten lohnt.

Tatsächlich verschiebt sich gerade aber einiges: Die Bürgergeld-Sätze steigen im kommenden Jahr um 12 Prozent - der Mindestlohn nur um 3,4 Prozent. Das Lohnabstandsgebot - Beschäftigte sollen mehr Geld in der Tasche haben als Transferempfänger - gerät damit weiter unter Druck. Es ist zweifellos richtig, dass die meisten Beschäftigten in Deutschland selbst nach Begleichung der Miete mehr übrig haben als Bürgergeld-Bezieher. Ebenso richtig ist jedoch, dass dieser Abstand bei Gering- und Alleinverdienern mit Familie inzwischen gering ausfällt.

Wie problematisch man das findet, ist eine Frage der politischen Philosophie. Für die einen sollte die Grundsicherung eben das sein - eine Grund-Sicherung. Ein staatliches Auffangnetz für diejenigen also, die ihre Arbeit verloren oder aus nachvollziehbaren Gründen keinen Job annehmen können. In dieser Lesart haben die Betroffenen die Verpflichtung, sich nach Kräften zu bemühen, die Hilfsbedürftigkeit zu verlassen und wieder auf eigenen Füßen zu stehen. Diesem Gedanken entspringt das Prinzip des Förderns und Forderns, das die Bundesregierung nicht aufgegeben, aber doch zulasten des Forderns verschoben hat.

Arbeit ist mehr als das Einnehmen von Geld

Eine zweite Lesart, die ins Konzept des Bürgergelds zumindest eingeflossen ist, stellt höhere Anforderungen an das, was der Staat - und mit ihm die Steuerzahler - zu leisten haben. Das Bürgergeld soll demnach nicht nur die Existenz sichern, sondern echte gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen. Je weiter diese Teilhabe definiert wird, desto höher müssen die Zahlungen ausfallen. Und desto geringer wird der Abstand zu denjenigen sein, die einer Arbeit nachgehen.

Andrea Nahles sagt: Arbeit lohnt sich immer. Und sie hat Recht: Arbeit ist mehr als das Einnehmen von Geld, Arbeit ist auch Ausdruck von Eigenverantwortung und Quelle von Selbstbewusstsein. Aber auch auf die Frage, ob sich Arbeiten finanziell lohnt, sollte es eine Antwort geben, über die niemand rätseln muss. Sonst läuft etwas falsch.

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