Atommüll ins All schießen?

10.11.2010, 07:00 Uhr
Atommüll ins All schießen?

© dpa

Warum ist es so schwer, ein Endlager zu finden?

Das liegt wohl am fast nicht erfüllbaren Anforderungsprofil: Die hochradioaktiven Abfälle müssen eine Million Jahre lang sicher aufbewahrt werden. Erst dann hat sich die Radioaktivität der Substanzen soweit reduziert, dass Strahlung und Hitzeentwicklung nicht mehr schädlich sind. Wenn man bedenkt, dass es den heutigen Menschen erst seit wenigen hunderttausend Jahren gibt, wird das Dilemma deutlich. Für die Lagerung in Deutschland sind tiefengeologische Schichten vorgeschrieben. Sie müssen so sicher sein, dass sie auch eine Eiszeit überstehen. Auch vor dem Zugriff von Dritten soll ein Endlager Sicherheit bieten. Denn: Wer weiß heute schon, wer in zehntausend Jahren in Deutschland die Macht hat?

Warum soll hierzulande ein Salzstock die Lösung sein?

Der Salzstock Gorleben hat mehrere Vorteile: Die Salzformationen sind bereits mehr als 250 Millionen Jahre alt, haben also bereits die Eiszeit überstanden. Zudem würde der Abfall in fast 900 Metern Tiefe lagern, das Grundwasser also nicht gefährden. Salz ist darüber hinaus absolut wasserundurchlässig, leitet Wärme sehr gut ab und ist äußerst unempfindlich gegen Temperaturschwankungen. Dringt allerdings Wasser ein – wie im langjährigen Forschungsbergwerk Asse geschehen – kann sich das Mineral auflösen. Folge: der radioaktive Müll ist nicht mehr sicher. Auch andere geologische Formationen bieten sich für Endlager an: Ton wird zum Beispiel in der Schweiz für die Standortsuche bevorzugt, in Skandinavien setzt man auf Granitgestein.

Warum sind die Finnen weiter als wir?

In der Tat entsteht in Finnland derzeit das weltweit erste Endlager für hochradioaktiven Müll. Der kleine Ort Eurajoki an der Westküste hat sich vor zehn Jahren gegen hundert finnische Orte durchgesetzt, die sich alle um das Milliarden-Projekt beworben hatten. Im Jahr 2020 soll das „kleine Höhle“ genannte Endlager fertig sein und die ersten Container mit hochradioaktivem Müll aufnehmen. In Finnland gibt es keine großen Vorbehalte gegen die Atomkraft, auch die Lagerung des Atommülls sehen die Menschen eher pragmatisch, nach dem Motto: Es gibt den Abfall aus den Kernkraftwerken, also muss er auch bei uns entsorgt werden!

Warum schießt man den Müll nicht einfach ins Weltall oder direkt in die Sonne?

Die Idee hat auf den ersten Blick Charme, aber auch eine Menge Unwägbarkeiten. Erstens würden riesige Kosten entstehen, den immens schweren Atommüll ins All zu transportieren. Zweitens: Was wäre, wenn eine Trägerrakete nach dem Start explodiert oder die Fracht in der Atmosphäre verglüht? Für die dunkle Seite der Raumfahrt gibt es genügend Beispiele: 1986 explodierte das Space-Shuttle „Challenger“ kurz nach dem Start, 2003 brach die Raumfähre „Columbia“ kurz vor der Landung auseinander.

Was ist mit den Weltmeeren?

Über lange Jahre hinweg war es sogar gang und gäbe, radioaktive Abfälle im Meer zu verklappen. Besonders hervorgetan haben sich dabei Großbritannien, aber auch Russland und die USA haben im großen Stil über Jahrzehnte hinweg Atommüll in den Meeren versenkt. Zumindest für feste Stoffe ist diese Vorgehensweise seit 1994 verboten. Es wird geschätzt, dass bis zu diesem Zeitpunkt 100.000 Tonnen nuklearer Müll in den Meeren gelandet sind.

Will Deutschland jetzt wirklich Atommüll nach Russland schicken?

Es sieht alles danach aus: Nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ gibt es ein deutsch-russisches Abkommen über den Transport von 951 Brennelementen aus dem Zwischenlager Ahaus in eine Wiederaufarbeitungsanlage im Ural. Die Brennelemente stammen aus dem früheren DDR-Forschungszentrum Dresden-Rossendorf, das 1991 stillgelegt wurde. 

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