Vereinte Nationen tagen

Bei den UN in New York hat die Welt eine Bühne - sie braucht aber nicht nur Reden, sondern Taten

Alexander Jungkunz

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18.9.2023, 13:13 Uhr
Dreimal spricht der ukrainische Präsident Wolodymyr Selensnkyj in dieser Woche bei den Vereinten Nationen, hier bei einem Auftritt per Videoschalte 2022. 

© Jason Decrow, dpa Dreimal spricht der ukrainische Präsident Wolodymyr Selensnkyj in dieser Woche bei den Vereinten Nationen, hier bei einem Auftritt per Videoschalte 2022. 

Dramatische Auftritte gibt es mehr als genug bei der Vollversammlung der Vereinten Nationen. New York ist in dieser Woche mal wieder das Zentrum der Weltpolitik. Große Bühne für wichtige Themen - aber: Ob es außer vielen gewiss bewegenden Reden auch Taten geben wird, das ist die offene Frage.

Beschämende Halbzeitbilanz bei den Nachhaltigkeitszielen

Wie wenig die Weltgemeinschaft tatsächlich erreicht, zeigt sich gleich zum Auftakt. Da ziehen die UN Halbzeitbilanz in Sachen Nachhaltigkeitsziele. 2015 hatten sich die Mitgliedsstaaten 17 solche Ziele gesteckt - alle elementar für eine menschenwürdige Zukunft. Angepeilt wurde etwa die Bekämpfung des Hungers und der Armut. Acht Jahre später ist das Ergebnis bescheiden bis beschämend: Nur 15 Prozent der Agenda wurden umgesetzt, das für 2030 angepeilte Erreichen der Ziele ist sehr unwahrscheinlich.

Das liegt auch an anderen Sorgen, die nicht nur die Vereinten Nationen umtreiben und die Prioritäten verschieben. Kriege binden viel zu viele Ressourcen, sie halten die beteiligten Staaten davon ab, nachhaltige Ziele anzupacken. Vor allem Putins Krieg gegen die Ukraine ist nicht nur eine millionenfache menschliche Katastrophe und ein täglicher Massenmord - er verschlingt Unmengen an Geld, das anderswo fehlt. Er ist ein ökonomisches und auch ökologisches Desaster.

Der ukrainische Präsident trifft auf Lawrow

Möglich, dass dieser Krieg auch die Gipfel-Woche in New York prägt. Der Star der Tagungen ist der ukrainische Präsident Selenskyj, er wird gleich dreimal sprechen. Und er trifft zumindest räumlich mit dem Kriegsgegner Russland zusammen. Natürlich nicht mit Putin selbst, der Auslandsreisen meidet, weil ihm die Festnahme als Kriegsverbrecher droht. Aber dessen Außenminister Lawrow ist in New York, auch er will reden.

Zu befürchten ist: Außer gegenseitiger Empörung wird wenig Konkretes geschehen. Zu hoffen ist: Die an einem Ort versammelten Akteure nutzen die Chance für Gespräche hinter den Kulissen.

Eine Reform der UN ist überfällig

Eigentlich aber, und das wissen alle Beteiligten, brauchen diese Vereinten Nationen eine Reform, um sich gegen Blockaden vor allem durch Russland und China wehren zu können und handlungsfähiger zu werden. Und daran wird auch gearbeitet, unter deutscher Beteiligung. Apropos Deutschland: Ein Jubiläum wird jetzt auch noch gefeiert. Vor 50 Jahren wurden die Bundesrepublik und die DDR in die UN aufgenommen - die ja 1945 vor allem als Reaktion auf den von Deutschland begonnenen Zweiten Weltkrieg gegründet wurden.

Nun warnt Selenskyj vor einem dritten Weltkrieg - wenn die Welt Putin gewähren lässt. Damit ist das dominierende Thema auf der Bühne New Yorks gesetzt. Und wieder einmal werden überlebenswichtige Probleme wie der nur global wirklich zu bekämpfende Klimawandel an den Rand gedrängt. So entmachten sich die UN selbst - umso überfälliger wäre eine wirksame Reform.

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