Betrüger als Sprecher der KZ-Häftlinge

13.5.2005, 00:00 Uhr

Jetzt stellte sich heraus: Enric Marco war niemals in Flossenbürg und auch nicht in einem anderen KZ.

Immer Zweifel gehabt

Der spanische Historiker Benito Bermejo kam dem Betrug auf die Spur. „Ich hatte immer Zweifel an Marco“, erklärt er. Zu sicher habe der die grausamen Details der Lagerhaft vorgetragen. Als Marco seinem Wunsch nach einem längeren Interview zum 60. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus immer wieder auswich, begann Bermejo zu forschen. Und siehe da, Marco war im Flossenbürger Archiv nicht zu finden. Stattdessen stand sein Name auf einer anderen Liste. Marco hatte sich 1941 als Freiwilliger gemeldet, als Franco auf Hitlers Wunsch hin Facharbeiter in die deutsche Kriegsindustrie entsandte. Er arbeitete bis 1943 in einer Kieler Werft und kehrte dann nach Spanien zurück.

Die Version des Deportiertensprechers hatte ganz anders ausgesehen: Zwei Jahre nach dem Bürgerkrieg sei er nach Frankreich geflohen, wo er sich der Résistance angeschlossen habe. 1943 sei er der Gestapo in die Hände gefallen und nach Flossenbürg deportiert worden. 1945 hätten ihn die Alliierten befreit. Mit diesem Lebenslauf hatte es Marco nach dem Tod von Franco bis zum Boss der Gewerkschaft CNT gebracht.

Überlebende schockiert

Der Betrug flog ausgerechnet am Vorabend der Gedenkfeier zur Befreiung des Lagers Mauthausen auf. Enric Marco befand sich bereits mit einer spanischen Delegation in Österreich. Die Ex-Deportierten legten ihm die Heimreise nahe. Einige Tage darauf trat Marco zurück.

Die Überlebenden des Nazi-Terrors sind geschockt. Sie befürchten, der Skandal könnte ein gefundenes Fressen für diejenigen sein, die den Holocaust leugnen.