Rechtskräftig

BGH bestätigt NSU-Urteile gegen Zschäpe und zwei Helfer

19.8.2021, 10:20 Uhr
Mitte 2018 ging der NSU-Prozess zu Ende. Jetzt verwarf der Bundesgerichtshof Beate Zschäpes Revision mit schriftlichem Beschluss und strich nur eine Einzelstrafe, wie das Karlsruher Gericht am Donnerstag mitteilte.

© Peter Kneffel, dpa Mitte 2018 ging der NSU-Prozess zu Ende. Jetzt verwarf der Bundesgerichtshof Beate Zschäpes Revision mit schriftlichem Beschluss und strich nur eine Einzelstrafe, wie das Karlsruher Gericht am Donnerstag mitteilte.

Beate Zschäpe ist rechtskräftig als Mittäterin der Neonazi-Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) verurteilt. Der Bundesgerichtshof (BGH) verwarf ihre Revision mit schriftlichem Beschluss und strich nur eine Einzelstrafe, wie das Karlsruher Gericht am Donnerstag mitteilte. "Die lebenslange Gesamtfreiheitsstrafe und die festgestellte besondere Schuldschwere sind hiervon jedoch unberührt geblieben." Auch die Urteile gegen die NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben und Holger G. seien rechtskräftig.

Zschäpe hatte fast 14 Jahre mit ihren Freunden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Untergrund gelebt. In dieser Zeit ermordeten die Männer acht türkischstämmige und einen griechischstämmigen Kleinunternehmer sowie eine Polizistin. 2011 nahmen sie sich das Leben, um der drohenden Festnahme zu entgehen. Zschäpe zündete die gemeinsame Wohnung an, verschickte ein Bekennervideo und stellte sich.

Das Mammutverfahren um die Morde und Anschläge der Neonazi-Terrorzelle NSU war am 11. Juli 2018 nach mehr als fünf Jahren und über 400 Verhandlungstagen zu Ende gegangen. Das Oberlandesgericht (OLG) München verurteilte Zschäpe, die einzige Überlebende des Trios, als Mittäterin zu lebenslanger Haft - auch wenn es keinen Beweis gibt, dass sie selbst an einem der Tatorte war. Außerdem stellten die Richter die besondere Schwere der Schuld fest.

Ralf Wohlleben wurde als Waffenbeschaffer wegen Beihilfe zum Mord zu zehn Jahren Haft verurteilt, Holger G. wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu drei Jahren Haft. Das schriftliche Urteil liegt seit Ende April 2020 vor, es ist 3025 Seiten lang.

Der BGH prüft Urteile ausschließlich auf Rechtsfehler. Er hört also keine Zeugen mehr. Hält das Urteil der Überprüfung stand, wird es rechtskräftig. Haben die Revisionen Erfolg, heben die Richter es ganz oder teilweise auf. Eine Hauptverhandlung gibt es nur in etwa fünf Prozent aller Revisionen. Unter bestimmten Bedingungen können die Richterinnen und Richter auch schriftlich per Beschluss entscheiden - nämlich dann, wenn sie eine Revision für unzulässig oder offensichtlich unbegründet halten. Gleiches gilt, wenn der Senat die Revision zugunsten eines Angeklagten einstimmig für begründet hält.

OB König begrüßt die Entscheidung

Der Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg, die drei der zehn Todesopfer zu beklagen hat, begrüßte den Beschluss: "Das ist eine wichtige Entscheidung für die Angehörigen, für den Rechtsstaat und ein deutliches Zeichen gegen jegliche Formen des Rechtsextremismus", wird Marcus König in einer Pressemitteilung zitiert. Bezogen auf die besondere Verpflichtung, das Andenken an die Opfer zu wahren, kündigte der CSU-Politiker an, "alles in unserer Macht stehende zu tun, dass Rassismus und Menschenhass in unserer Stadt keinen Nährboden mehr finden".

Mitte September wird der Oberbürgermeister in Erinnerung an das erste Todesopfer den Tatort an der Liegnitzer Straße in Enver-Şimşek-Platz einweihen. "Wir wissen aus unseren engen Kontakten mit den betroffenen Nürnberger Familien, welche Belastung der quälend lange Prozess für die Angehörigen bedeutete", sagte Martina Mittenhuber, Leiterin des Menschenrechtsbüros der Stadt Nürnberg. Viele Fragen, darunter die Motive und die Verstrickungen der regionalen Neonaziszene, seien jedoch im Dunkeln geblieben. Entsprechend bekräftigte König die bereits im Mai vorgetragene Forderung nach einem "zweiten Untersuchungsausschuss und einer lückenlosen Aufklärung", denn "das sind wir den Opfern und Hinterbliebenen schuldig".

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