Bundestagsbeschluss: 12.000 Bürger müssen den Wahlkreis wechseln

8.6.2020, 14:08 Uhr
Der Bundestag gat einen Neuzuschnitt von sechs Wahlkreisen für die Bundestagswahl 2021 beschlossen.

© Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa Der Bundestag gat einen Neuzuschnitt von sechs Wahlkreisen für die Bundestagswahl 2021 beschlossen.

Bei 25 Prozent Abweichung vom Durchschnitt ist Schluss. Das schreibt das Bundeswahlgesetz vor – damit soll verhindert werden, dass ein Wahlkreis zu groß oder zu klein wird. Deswegen hat der Bundestag nun den Neuzuschnitt von sechs Wahlkreisen für die Bundestagswahl 2021 beschlossen – einer von ihnen ist der Wahlkreis Fürth.

Hintergrund: Die gesamte Bevölkerungszahl in der Stadt Fürth und in den Landkreisen Fürth sowie Neustadt/Aisch-Bad Windsheim, die gemeinsam einen Bundestagswahlkreis bilden, liegt mit rund 337.000 Einwohnern weit über dem Durchschnitt der Wahlkreisgröße in Bayern von rund 250.000 Einwohnern.


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In Fürth und Umgebung wächst die Einwohnerzahl seit Jahren und eine Verkleinerung des Wahlkreises wird bereits seit drei Wahlperioden diskutiert. Ab einer Abweichung von 15 Prozent mahnt das Gesetz eine Anpassung an, ab 25 Prozent ist diese vorgeschrieben. Wenn kein Neuzuschnitt beschlossen wird, ist das Wahlergebnis anfechtbar.

Um das Problem zu lösen, hat die Bundeswahlkommission entschieden, die Gemeinden Uehlfeld, Dachsbach und Gerhardshofen in den Wahlkreis Erlangen einzugliedern, dessen Größe aktuell elf Prozent unter dem bayerischen Durchschnitt liegt. Damit müssen die Direktkandidaten des Wahlkreises Erlangen bei den kommenden Bundestagswahlen nun auch rund 12.000 Einwohner des Landkreises Neustadt/Aisch-Bad-Windsheim überzeugen. Die Gemeinden- und Landkreisgrenzen bleiben dabei aber unverändert.

Werner Stöcker (CSU), der Bürgermeister der Marktgemeinde Uehlfeld, sieht die Entscheidung gelassen. "Es ist ja schön, dass unser Stimmkreis gewachsen ist, aber jetzt ist er laut Gesetz zu groß und man muss eingreifen. Der Trend geht aktuell sowieso Richtung Erlangen. Viele Uehlfelder pendeln für ihre Arbeit nach Erlangen oder Herzogenaurach", sagt Stöcker. Die Wahlberechtigten der drei Gemeinden werde der neue Zuschnitt laut Stöcker nicht weiter stören. "Die meisten wählen doch ihre Parteifarbe. Es ist natürlich schade, dass Christian Schmidt nicht mehr unser Direktkandidat sein wird, denn er war immer ein guter Ansprechpartner und engagiert. Aber Stefan Müller, der CSU-Kandidat Erlangens, wirkt ebenfalls kompetent", so Stöcker.

"Keiner muss sich Sorgen machen"

Stefan Müller, seit 2002 Mitglied des Bundestags, beurteilt den Entschluss der Wahlkommission als passend. "Die drei Gemeinden sind an den Aischgrund und Erlangen eng angebunden und wir Erlanger Kandidaten freuen uns auf die Zusammenarbeit mit ihnen. Kein Bürger muss sich Sorgen machen, dass man sich nicht mehr um ihn kümmert", sagt Müller.

Doch es gibt auch Kritik an dem neuen Zuschnitt. Laut dem Grünen-Bundestagsabgeordneten Uwe Kekeritz, der aus Uffenheim im Landkreis Neustadt/Aisch–Bad Windsheim stammt, wäre die neue Aufteilung vermeidbar. "Statt Bürger aus ihrem gewohnten Wahlkreis zu schieben, sollte die CSU endlich aufhören, die zwingend nötige Wahlrechtsreform des Bundestags zu blockieren", sagt Kekeritz.

Durch das komplizierte deutsche Wahlrecht mit Direkt-, Ausgleichs- und Überhangmandaten sitzen inzwischen 709 Abgeordnete im Bundestag, rund 100 mehr als die 598 Abgeordneten, die das Bundeswahlgesetz vorsieht. Bei den kommenden Wahlen 2021 könnte sich der Bundestag weiter aufblähen, wenn sich die Abgeordneten nicht auf eine Reform einigen. Die Grünen haben deswegen die Dezimierung der deutschen Wahlkreise von 299 auf 250 vorgeschlagen, um die Zahl der Direktkandidaten zu verringern.

"Die CSU will die Reform unbedingt bis nach der Bundestagswahl hinauszögern und deswegen müssen sich nun Bürger aus ihrer politischen Verankerung im Landkreis Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim lösen, obwohl das mit einer Reform nicht nötig wäre", sagt Kekeritz.

Für diese Kritik hat Stefan Müller kein Verständnis. "Die zwei Debatten um Zuschnitt und Reform haben nichts miteinander zu tun. Das eine muss gemacht werden, das andere kann gemacht werden und eine Verringerung der Wahlkreise ist nicht so einfach, wie es die Grünen behaupten", sagt Müller.

Sein Parteikollege Christian Schmidt, Direktkandidat im Wahlkreis Fürth, stimmt ihm zu. "Die Veränderung ist rechtlich unumgänglich geworden", schreibt er in einer Pressemitteilung. Die Änderung des Wahlkreiszuschnitts – eine Formalie – stehe laut Schmidt in keinem Zusammenhang zur Debatte über eine Reform des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag.

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