Burka-Verbot: Ein solches Gesetz ist völliger Unsinn

1.8.2019, 11:42 Uhr
Nach rund 14-jähriger Debatte ist in den Niederlanden das sogenannte Burkaverbot in Kraft getreten.

© Boris Roessler/dpa Nach rund 14-jähriger Debatte ist in den Niederlanden das sogenannte Burkaverbot in Kraft getreten.

Es mag schon sein, dass der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders nun jubelt. Er hatte das Burka-Verbot bereits 2005 ins Parlament eingebracht und überraschend sogar eine Mehrheit gefunden – weil viele Abgeordnete fürchteten, Wilders' Partei würde noch mehr Zulauf bekommen, wenn sie sich sperrten. Dass es 14 Jahre gedauert hat, bis das Gesetz letztlich wirklich beschlossen wurde, zeigt aber schon, wie hoch viele dessen Dringlichkeit ansetzten: sehr niedrig.

Nur wenige tragen Burka

Das Problem ist weiterhin weniger die Burka selbst. In den Niederlanden gibt es schätzungsweise nur rund 150 Frauen, die regelmäßig eine Burka oder einen Nikab tragen. Inzwischen ist Wilders‘ Freiheits-Partei fast zur Bedeutungslosigkeit dezimiert worden. Bei der jüngsten Europawahl stürzte sie auf 3,5 Prozent ab. Sie wurde abgelöst durch das noch radikalere, EU-feindliche "Forum für Demokratie" von Thierry Baudet. Der treibt nun die übrigen politischen Parteien vor sich her, obwohl seine Bewegung nur wenige Sitze im Parlament hat. Auch die meisten niederländischen Großstädte, die das Verbot durchsetzen sollen, wollen von dem Verbot eigentlich nichts wissen. Egal, es wurde beschlossen.

 

 

 

Wer sich die Bilanz der Länder ansieht, in denen es ein Burka-Verbot schon seit Jahren gibt, kann eigentlich nur feststellen: Ein solches Gesetz ist völliger Unsinn. In Frankreich beispielsweise, das 2011 die Ganzkörperverschleierung verbot, betrifft das rund 2000 Frauen. Nur wenige lassen sich durch das Verbot abschrecken, oft zahlen Verbände die Strafe. Und die Polizei schreitet nur widerwillig ein, weil sie Besseres zu tun hat.

Kuriose Erfahrungen

Besonders kurios sind die Erfahrungen in der Schweiz, wo im Kanton Tessin seit 2016 die komplette Verhüllung untersagt ist und wo 2018 mit St. Gallen ein zweiter Kanton nachzog. Viele Frauen umgehen das Gesetz einfach dadurch, dass sie überdimensionale Brillen tragen, eine Atemmaske anlegen oder eine Zeitung vors Gesicht halten. Und die schicken Boutiquen und Juwelierläden in den Städten, in denen auch saudische Frauen gerne shoppen, heißen diese reichen Kundinnen nach wie vor herzlich willkommen.

Aber natürlich, in Deutschland hält das die rechtspopulistische AfD nicht davon ab, nun auch für unser Land ein Burka-Verbot zu fordern. Wir sollten gelassen bleiben. Ein solches Gesetz wäre eine reine Schauveranstaltung und im Alltag weitgehend wirkungslos. Parlamente müssen sich nicht ohne Not lächerlich machen.

 

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