"Containern": Es braucht ein Gesetz wie in Frankreich

19.8.2020, 11:25 Uhr
Die beiden Studentinnen Caro (l) und Franzi (r) sprechen beim Bundesverfassungsgericht bei einer Protestkundgebung im November 2019. Die Studentinnen waren wegen Diebstahls verurteilt worden, weil sie Lebensmittel aus dem Müllcontainer eines Supermarktes entnommen hatten.

© Uli Deck, dpa Die beiden Studentinnen Caro (l) und Franzi (r) sprechen beim Bundesverfassungsgericht bei einer Protestkundgebung im November 2019. Die Studentinnen waren wegen Diebstahls verurteilt worden, weil sie Lebensmittel aus dem Müllcontainer eines Supermarktes entnommen hatten.

Zahlreiche Bürger haben in Online-Petitionen ihr Missfallen geäußert, dass zwei bayerische Studentinnen für ihr "Containern" verurteilt wurden. Auch Persönlichkeiten aus der Region wie Erzbischof Ludwig Schick oder Messechef Peter Ottmann haben ihre Empörung kundgetan, dass die jungen Frauen dafür bestraft wurden, weggeworfenes Essen einer sinnvollen Verwertung zuzuführen.

Doch das hat nichts genutzt. Das Bundesverfassungsgericht hat nun eindeutig festgestellt: Solange es in Deutschland keine politische Lösung gibt, die Betriebe wie in Frankreich oder Tschechien verpflichtet, aussortierte, aber noch genießbare Lebensmittel zu spenden, dürfen Firmen weiterhin mit ihrem (auch wertlosen) Eigentum machen, was sie für richtig halten, weil es strafrechtlich geschützt ist. Sie dürfen es in den Müll werfen – und wer sich dieses Eigentum illegal aneignet, macht sich strafbar.

Gleichzeitig zeigt dieses Urteil aber auch: Es gibt Lösungen. Und schon jetzt vernünftige Alternativen dazu, dass jährlich 18 Millionen Tonnen noch genießbare Lebensmittel im Müll landen.

Ansatzpunkte gibt es auf mehreren Ebenen. Der vielversprechendste ist: Verbraucher sollten Abstand von der Vorstellung nehmen, dass um 18, 20 Uhr oder später noch das volle Sortiment in der Bäckerei, im Supermarkt oder bei der Tankstelle vorrätig sein muss – und Ladenbetreiber sich aus Konkurrenzgründen verpflichtet fühlen, auch kurz vor Schluss neu aufzufüllen und von vornherein Übermengen zu produzieren.

Ganz genau zu kalkulieren ist aber bei tages- und wetterabhängigem Verbraucherverhalten schwierig. Deshalb besteht auch bei gutem Willen immer die Gefahr, dass etwas übrig bleibt. Doch zumindest verantwortungsbewusste Geschäftsinhaber, denen die Umwelt und der Ressourcenverbrauch nicht egal sind, wissen schon heute damit umzugehen. Auch in der Region tun das schon viele. Sie wenden sich an Tafeln oder Organisationen wie Foodsharing, die die Lebensmittel abholen, bevor sie im Container landen, und kostenlos weiterverteilen. Oder arbeiten mit App-Betreibern wie "Too Good to go" zusammen, über die man restliche Portionen zum kleinen Preis erwerben kann.

Doch in den Containern derjenigen, die sich nicht beteiligen, landet noch zu viel. Um das zu verhindern, kann nur ein Gesetz wie in Frankreich helfen.

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