Regeln verschärft

Corona-Kabinett zu Katastrophenfall, Boostern und Co: Das gilt nun in Bayern

9.11.2021, 14:10 Uhr
Bayern will im Kampf gegen die vierte Corona-Welle Auffrischungsimpfungen stark forcieren.

© Christian Ohde via www.imago-images.de, imago images/Christian Ohde Bayern will im Kampf gegen die vierte Corona-Welle Auffrischungsimpfungen stark forcieren.

"Wenn 3G überall perfekt kontrolliert würde, müssten die Infektionszahlen etwas niedriger sein", sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Der Regierungschef dachte außerdem laut darüber nach, welche Schritte noch folgen könnten, wenn sich die derzeitige vierte Infektionswelle nicht brechen lässt.

Ein Fragezeichen setzte Holetschek hinter die Weihnachtsmärkte, die in vielen Städten und Gemeinden des Freistaats schon in wenigen Wochen ihre Pforten öffnen sollen. Die "auf Initiative" von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) den Christkindlmärkten für 2021 eröffnete positive Perspektive stehe unter dem Vorbehalt, dass die pandemische Lage dies zulasse, betonte der Gesundheitsminister. Es mache "keinen Sinn", wenn auf den Märkten die Buden und Glühweinausschänke offen seien "und drinnen kämpfen die Menschen um ihr Leben." Es könne sein, dass man für den Besuch der Märkte FFP2-Maskenpflicht vorschreibe, sagte Söder.

Vom Ende der epidemischen Lage zu sprechen oder für den März 2022 einen "Freedom Day" mit dem Ende aller Auflagen in Aussicht zu stellen, sei "absurd", sagte Söder. Der bayerische Regierungschef stellte hingegen in Aussicht, dass noch im Laufe dieser Woche im Freistaat der Katastrophen-Fall ("K-Fall") erneut ausgerufen werden könnte. Damit solle vor allem die Verteilung von Covid-Patienten innerhalb des Landes erleichtert werden. "Sehr besorgt" zeigte sich Söder nicht nur wegen der hohen Sieben-Tage-Inzidenzen bei den sechs- bis elfjährigen Kindern (469) und den Zwölf- bis 15-Jährigen (467), sondern auch wegen der wieder steigenden Infektionszahlen bei den 60- bis 80-Jährigen (140) sowie den über 80-Jährigen (148).

Insgesamt lag die Sieben-Tage-Inzidenz im Freistaat am Dienstag bei 348. Spitzenreiter war der Landkreis Miesbach mit über 800. Der rasante Anstieg der Infektionszahlen sei "so nicht vorhersehbar" gewesen, sagte Holetschek. 90 Prozent der intensiv behandelten Covid-Patienten seien ungeimpft, sagte Söder. Es drohe jetzt auch eine "Konkurrenz" zwischen ihnen und den geimpften Intensiv-Patienten mit Krebs, Schlaganfällen und anderen Krankheiten. Die bayerische Bevölkerung ist nach Angaben Söders zu 65 Prozent geimpft. Dies bedeute 4,6 Millionen Ungeimpfte. Diese "Impflücke" sei einfach zu groß. Wenn es in Österreich möglich sei, auch Kinder unter zwölf Jahren zu impfen, "warum in Deutschland nicht?", fragte Söder.

Schüler werden Maske nicht los

Die 1,6 Millionen bayerische Schüler, die nach dem Ende der Herbstferien seit Montag wieder im Unterricht sind, müssen sich nach einem Beschluss des Ministerrats noch "bis auf Weiteres" mit dem Maskentragen auch im Unterricht abfinden. Auch wenn sie schon zwölf Jahre alt sind und sich impfen lassen könnten, gilt für sie bis zum Ende des Jahres eine Ausnahme von dem inzwischen für alle Veranstaltungen geltenden 2G-Grundsatz (Zugang nur für Geimpfte und Genesene), verkündete Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler). Weil sie in der Schule regelmäßig getestet werden, können sie "an sportlichen und musikalischen Eigenaktivitäten und Theatergruppen" auch ohne Impfung teilnehmen, dürfen aber nicht in Kinos, zu Fußballspielen, in Clubs oder Diskos, wo die 2G-Regel gilt.

Ausnahmen von der generellen 2G-Regel gibt es für alle beim Besuch von Gaststätten und Inanspruchnahme von Dienstleistungen wie etwa von Friseuren bei Vorlage eines negativen PCR-Tests ("3G plus"). Die Zugangsregeln sind nach Ansicht der Staatsregierung teilweise lax gehandhabt worden. Das soll sich jetzt ändern. Söder kündigte eine "massive Erhöhung der Kontrolldichte" an. Die Polizei soll bei Verstößen gleich vor Ort Geldbußen erheben und in schweren Fällen auch vorübergehende Schließungen des betreffenden Betriebs anordnen können.

Der bayerische Regierungschef dachte laut darüber nach, was es an Verschärfungsmaßnamen noch geben könnte. Nach dem Vorbild Österreichs könnte man in Zukunft nur noch Personen als "geimpft" anerkennen, wenn die letzte Impfung nicht länger als neun oder zehn Monate zurückliege, so Söder. Die Alternative dazu sei "2G plus", also auch Tests für Geimpfte. Eine Impfpflicht halte er für "bestimmte Berufsgruppen" für angebracht. Dabei nannte Söder das Personal in Alten- und Pflegeheimen.

Söder: Keine Häme bitte

Generell aber ist Söder gegen eine solche Verpflichtung. Es gebe unter den Ungeimpften noch eine große Anzahl von Menschen, die überzeugt werden könnten.

Seit Einführung von 2G-Regeln sei die Impfquote in Bayern "leicht gestiegen". Das sei "ein kleines hoffnungsvolles Signal." Häme nach dem Motto "Hähä, jetzt seht ihr's endlich ein" gegenüber Personen, die sich jetzt erstmals impfen lassen, sollte man sich verkneifen, um die ohnehin schon deutliche Spaltung der Gesellschaft nicht noch zu vertiefen.

Bayern setzt auf flächendeckende Auffrischungsimpfungen "für alle" und fährt den Impfbetrieb in seinen Impfzentren, die seit Oktober im Stand-by-Betrieb sind, wieder auf wöchentlich etwa 2000 Impfungen pro 100.000 Einwohner hoch. Die 96 Testzentren bleiben zunächst bis März 2022 geöffnet. Weiterhin unzufrieden ist der bayerische Ministerpräsident der Haltung der noch im Geburtsstadium befindlichen Berliner Ampel-Koalition, die nicht versuchen sollte, "sich wegzuducken".

Die Pandemie "ist die Pandemie der jeweils Regierenden", warnte Söder. Der Bund müsse dringend die Weichen für eine finanzielle Unterstützung der Krankenhäuser und die steuerliche Begünstigung von Pflegekräften stellen." Wir brauchen aus der Ampel jetzt endlich mal eine klare Ansage", forderte Holetschek.

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