Coronavirus: Wieso sich die Sterberaten so sehr unterscheiden

24.3.2020, 20:38 Uhr
Coronavirus: Wieso sich die Sterberaten so sehr unterscheiden

© Foto: Claudio Furlan/LaPresse/AP/dpa

In der Tat ist die Diskrepanz zwischen den Covid-19-bedingten Letalitätsraten auf den ersten Blick schwer zu erklären. In Deutschland liegt sie bei 0,4 Prozent, das heißt, dass vier von 1000 Betroffenen durch eine Infektion mit Coronaviren sterben. In der Schweiz, in Südkorea und den USA liegt diese Rate bei 1,3 Prozent, in China bei 4,0 und in Frankreich bei 4,3 Prozent. Noch höhere Werte melden Großbritannien (5,0), Spanien (6,8) und der Iran (7,8). Einsamer Spitzenreiter ist aber Italien mit einer Letalitätsrate von zuletzt 9,5 Prozent.

Zahl der Infizierten angestiegen

In Bamberg ist die Zahl der mit dem Corona-Virus infizierten Menschen von am Montagabend 83 mittlerweile auf 100 (Stand: Dienstag, 24.03.2020, 13 Uhr) angestiegen – davon 32 Fälle im Stadtgebiet und 68 im Landkreis.



Dazu gibt es verschiedene Erklärungsansätze. Der plausibelste hat mit Mathematik zu tun. Die Sterberate ist nichts anderes als der Quotient aus einer Bruchrechnung, bei der im Zähler die Zahl der Verstorbenen steht und im Nenner die Anzahl der Infizierten. Das Problem ist nur: Niemand kann zuverlässig benennen, welche Zahl unter den Bruchstrich gehört – tausende Fälle sind unentdeckt. Wäre die Zahl der entdeckten Fälle größer, würde damit die errechnete Sterberate sinken.

Da kann Deutschland auftrumpfen: Hierzulande werden weitaus mehr Tests durchgeführt als etwa in Italien und damit mehr Fälle erkannt. Jenseits der Alpen werden fast nur noch Menschen mit schwerwiegenden Symptomen getestet. Andere, die womöglich infiziert sind, aber nur schwache Symptome zeigen und zu keiner Risikogruppe gehören, werden gar nicht mehr erfasst. Um die Sterberate präzise zu bestimmen, müssten aber auch sie gezählt werden. Anders ausgedrückt: Je höher die Dunkelziffer, desto höher die Mortalitätsrate.

Wochenlang unentdeckt?

Damit allein sind die verheerenden Auswirkungen des Coronavirus in Italien indes nicht zu erklären. Experten sind sich mittlerweile nahezu sicher, dass sich das Virus dort bereits wochenlang ausbreiten konnte, bevor es überhaupt auf dem Radarschirm der Weltöffentlichkeit war – und sich so besonders viele angesteckt haben. In Teilen der Lombardei, wird Giuseppe Remuzzi zitiert, Direktor des Mario-Negri-Instituts für Pharmakologische Forschung, habe es bereits im November und Dezember 2019 "seltsame Fälle von Lungenentzündung" gegeben, die sich durch einen schweren Verlauf und eine hohe Sterblichkeit bei älteren Menschen ausgezeichnet hätten – also zu einer Zeit, als Peking noch mauerte, was Existenz und Herkunft des Virus anging.


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Falls das zutrifft, wird auch die Sozialstruktur Italiens bei der Ausbreitung des Erregers eine Rolle gespielt haben. Dazu haben Forscher aus Oxford eine Untersuchung angestellt. Demnach traf Corona in der Lombardei und Venetien eine dicht besiedelte und wohlhabende Region mit Bergamo und Mailand als Wirtschaftszentren. Viele Berufstätige leben auf dem Land und pendeln dorthin zur Arbeit – sie könnten als Überträger fungiert und das Virus in ihre Familien eingeschleppt haben.

Zahl der Todesfälle könnte bald steigen 

Deutschlands Senioren leben in der Regel nicht eng mit ihren Familien zusammen. In Italien (und auch in Spanien, wo die Corona-Sterberate ebenfalls recht hoch ist) wohnen hingegen berufstätige junge Erwachsene noch häufig mit ihren Eltern und Großeltern unter einem Dach. Über diesen engen Kontakt hätte das Virus die ältere Generation erreichen können, mutmaßen britische Forscher.

Dazu passt die Tatsache, dass unter den registrierten Fällen in Italien überdurchschnittlich viele ältere Menschen sind. Das wiederum hat Auswirkungen auf die Sterberate – je älter die Erkrankten, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie die Folgen einer Infektion nicht überleben. Zudem mangelt es dem Land an ausreichend Intensiv-Pflegeplätzen in den Kliniken.

All jene Faktoren mögen dazu beitragen, dass die Letalitätsrate in Deutschland vergleichsweise gering ist. Virologen warnen jedoch, dass es bei einem Fortschreiten der Pandemie auch hierzulande mehr Todesopfer durch Corona geben könnte. Laut der Fachzeitschrift Lancet starben Menschen, die eine Infektion nicht überlebt haben, durchschnittlich 18,5 Tage nach Auftreten der ersten Symptome. Was bedeutet, dass die Zahl der Todesfälle hierzulande bald steigen könnte, da das Virus nunmehr seit knapp drei Wochen in Deutschland unterwegs ist.


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