Daniela Schadt: "Ich merke, dass es langsam ernst wird"

16.3.2012, 08:30 Uhr
Daniela Schadt:

© Harald Sippel

Ihr Herz wird spätestens am Sonntag um 12.15 Uhr schneller schlagen. Dann beginnt in Berlin der erste Wahlgang der Bundespräsidentenwahl. Wie sich Deutschlands künftige First Lady und langjährige NZ-Innenpolitikchefin Daniela Schadt kurz vor der Wahl fühlt, hat sie in einem Gespräch mit ihrer Kollegin Sharon Chaffin verraten.

NZ: Liebe Daniela, steigt Deine Nervosität langsam an?

Daniela Schadt: Ja, natürlich. Auch wenn man immer versucht, eine gewisse Normalität zu simulieren, merkt man doch, dass es ernst wird.

NZ: Wie siehst Du Deiner neuen Rolle entgegen?

Schadt: Es ist schon eine große Spannung dabei. Noch habe ich keine große Einführung in das neue Aufgabenfeld erhalten. Das findet alles erst nach der Wahl statt – insofern bin ich jetzt noch nicht eingearbeitet.

NZ: Du weißt also noch nicht, was auf Dich zukommt.

Schadt: Nicht wirklich. Für den gewählten Kandidaten gibt es wohl schon ein Programm. Wie aber meine möglichen künftigen Aufgaben aussehen, wird sich erst ab dem 19.März klären. Welche sozialen Aufgaben ich danach übernehme, weiß ich noch nicht. Es gibt ja schon sehr schöne und sinnvolle Projekte, die von Frau Wulff und ihren Vorgängerinnen wahrgenommen wurden. Ich werde womöglich ein paar neue Akzente setzen, aber keine großen Umstürze planen.

NZ: Wie verbringst Du die letzten Tage als Otto Normalbürger?

Schadt: Es ist eigentlich alles sehr normal, ein bisschen fühlt es sich wie Urlaub an. Ich gehe einkaufen und treffe mich mit Freunden. Ich kann mich noch völlig frei bewegen. Zwischendurch habe ich noch meine Eltern und meine Schwester besucht. Am vergangenen Wochenende war Jochens jüngste Tochter mit Mann und Kind da. Es ist ein bisschen wie im Urlaub, nur dass die Hintergrund-Spannung besteht. Damit ist es dann doch nicht wie Urlaub.

NZ: Fiebert Deine Familie auch mit?

Schadt: Natürlich. Sie ist ebenfalls sehr aufgeregt und drückt mir die Daumen. Sie ist auch ein bisschen besorgt, ob wir uns weiterhin noch so häufig sehen können. Aber ich hoffe, das wird sich einrichten lassen.

NZ: Du hast Deinen ersten öffentlichen Auftritt nach Bekanntgabe der Nominierung in Fürth mit Bravour gemeistert. Wie ist es für Dich, plötzlich im Mittelpunkt zu stehen?

Schadt: Das ist schon sehr gewöhnungsbedürftig. Vor allem deshalb, weil ich das Geschäft als Journalistin kenne und jetzt ein kompletter Seitenwechsel stattgefunden hat. Wenn ich vorher bei einem ähnlichen Termin war, habe ich die Fragen gestellt und Antworten darauf bekommen – und jetzt ist es umgekehrt. Das ist schon ein sehr eigentümliches Gefühl.

NZ: Nun war dieses erste große Blitzlichtgewitter ausgerechnet in Franken, in der Comödie in Fürth.

Schadt: Das war auf jeden Fall etwas Besonderes. Wir waren vorher in Berlin, sind dann in meine Nürnberger Wohnung gefahren und danach nach Fürth. Das war für mich fast wie Heimkommen. Dass dieser einigermaßen erste große Auftritt in meiner fränkischen Heimat stattfand, hat es mir leicht gemacht und ein gutes Gefühl gegeben: Man kennt sich hier aus, fühlt sich zu Hause. Insofern war es ein sehr schöner Abschluss für Jochens Lesetour, die er immer sehr gerne gemacht hat.

NZ: Wie aufgeregt ist denn der künftige Bundespräsident selbst?

Schadt: Eine Anspannung ist auch bei ihm vorhanden, aber er ist derzeit sehr eingebunden. Er war die letzten Tage viel unterwegs; damit ist er vielleicht etwas abgelenkter als ich es bin. Ich glaube, es ist schon ein bisschen entlastend, wenn man so ein volles Programm hat und auch schon ein wenig agieren kann.

NZ: Was wirst Du in Franken am meisten vermissen?

Schadt: Ich werde vor allem Nürnberg vermissen. Wenn man in einer Stadt lebt, ist alles so selbstverständlich. Als ich jetzt nach Berlin gefahren bin, war ich nochmals in der Innenstadt und habe alles mit anderen Augen gesehen: die Sebalduskirche, die Lorenzkirche, den Schönen Brunnen, all die Ecken, wo ich so oft gewesen bin. Wenn man so lange in einer Stadt gelebt hat, hängt man an dem Ort, an seinen Freunden, die man dort hat, und natürlich auch an den Kollegen.

NZ: Wirst Du Nürnberg immer im Gedächtnis behalten?

Schadt: Ich werde Nürnberg auf jeden Fall in Erinnerung behalten. Damit ist immerhin ein sehr wesentlicher Teil meines Lebens verbunden, der gehört einfach dazu und wird es immer bleiben. Dass mir Nürnberg und Franken immer sehr nah sein werden, ist völlig klar.

NZ: Vielleicht kannst Du Dich dann für die Region ja starkmachen.

Schadt: Ich bezweifle, dass der Bundespräsident zu entscheiden hat, wie eine Regionalförderung stattfindet. Das ist wohl eher Sache der Regierung. Aber ein gutes Wort wird sich immer finden, wobei man aufpassen muss, dass sich die anderen Regionen nicht benachteiligt fühlen.

NZ: Gibt es einen Gast, auf den Du Dich besonders freust?

Schadt: Meine Freunde sagen: Du wirst jetzt so viele interessante Menschen kennenlernen – wobei sich die Frage, wer interessant ist, nicht nur nach dem Status ergibt. Es gibt sicher auch viele interessante Personen aus dem ehrenamtlichen Bereich. Oder Menschen, die sich an einen wenden und eine ausgesprochen interessante Biografie haben; von denen kann man ebenfalls viel über die Welt erfahren.

NZ: Melden sich bei Dir Bekannte, mit denen Du schon lange keinen Kontakt mehr hast, weil sie sich jetzt Vorteile erhoffen?

Schadt: Nein, es waren immer gute Wünsche, freundliche Aufmunterungen und viel Zuspruch. Ich habe mich über alle Rückmeldungen sehr gefreut. Es ist auch lustig, wenn man nach 30 oder 35 Jahren wieder einmal von Leuten hört, die man ewig nicht gesehen hat. Bei einigen war das Erstaunen doch sehr groß.

NZ: Wenn schon bei Bekannten die Verwunderung sehr groß ist – wie groß ist dann Dein eigenes Erstaunen?

Schadt: Niemand hatte damit gerechnet. Es ist eine grundlegende Umstellung in vielen Bereichen. Etwa im ganz normalen Alltagsleben, das sich im Fall einer Wahl ganz anders gestalten wird als ich es bisher hatte. Wie weit die Veränderungen gehen, kann ich noch nicht absehen. Es heißt, ich könne mich weiterhin normal bewegen und muss nicht immer im großen Tross erscheinen. Es ist eine große berufliche Umstellung, aber auch eine große örtliche.

NZ: Wie groß ist die berufliche Veränderung?

Schadt: Sie wird sicher sehr groß sein. Ich vertraue dabei aber auch auf die Mitarbeiter, dass sie mir mit Rat und Tat zur Seite stehen. Eines aber wird wohl gleich bleiben: Ich bin Journalistin geworden, weil ich etwas über die Welt erfahren wollte. Diese Haltung kann ich in meinem neuen Amt wohl beibehalten – auch dort wird man viel aus Begegnungen und Aufgaben lernen können. Früher habe ich mehr durch die Medien-Perspektive einen Blick auf die Welt erlangt, nun werde ich diesen Blick eben hoffentlich durch das neue Amt erlangen.

NZ: Es wäre für Dich nicht denkbar, bei der Nürnberger Zeitung weiterzuarbeiten?

Schadt: Ich hatte mir das kurz überlegt. Es wäre aber von der Sache her kaum möglich. Meine Artikel oder Kommentare wurden bislang alle mir zugerechnet; wenn aber dann immer geguckt wird, ob durch die Zeilen der Bundespräsident durchscheint, wird das nicht mehr gehen. Es ist auch angemessen, dass ich dann bei Jochen in Berlin bin. Dass man abends telefoniert und am Wochenende hinfährt, würde nicht mehr passen. Das würde ich aber auch nicht wollen.

NZ: Was bedeutet die Umstellung von der bisherigen Wochenend- auf eine Alltagsbeziehung?

Schadt: Das wird etwas anderes sein. Aber wir sind schließlich schon ein bisschen erprobt. Wir denken, dass es genauso passen wird, wie es dann ist.

NZ: Werden denn die Hochzeitsglocken bald läuten?

Schadt: Für mich ist die Frage, ob der Bundespräsident mit seiner Partnerin verheiratet ist oder nicht, eine sehr legitime Frage. Ich habe großes Verständnis dafür, auch für den Einwurf von Norbert Geis. Wir sehen unsere Beziehung aber nicht als neues Modell für Staatsämter. Es hat sich einfach so ergeben, aber nicht aus mangelndem Respekt vor der Ehe. Im Gegenteil: Es ist auch eine Frage des Respekts, sich nicht grundsätzlich von einem Menschen zu trennen, der einen lange begleitet und mit dem man vier Kinder hat. Eine Scheidung war bisher nicht nötig, zumal alle miteinander auf gutem Fuß stehen. Ich sehe ein, dass das für manche ein Problem ist, aber angesichts der Probleme, die Deutschland hat, ist es vielleicht nicht unbedingt das größte.

NZ: Nun wird auch Kritik an Joachim Gaucks Rolle in der DDR laut, für manche Bürgerrechtler leistete er zu wenig Widerstand.

Schadt: Ich habe selten so wenige Zeitungen gelesen wie im Moment. Denn wenn man das alles liest, wird man völlig meschugge. Ich habe für meine innere Ruhe entschieden, mich nicht täglich durch zehn Zeitungen und 40 Internetartikel durchzuwühlen. Natürlich bekommt man die Debatten mit. Das ist manchmal ein bisschen schmerzhaft, aber legitim. Wenn jemand in der Öffentlichkeit steht, wird es Kritik geben. Ob die in jedem Punkt berechtigt oder fair ist, ist eine andere Frage.

NZ: Wie läuft der kommende Sonntag ab?

Schadt: Ich werde Jochen bei der Wahl begleiten, ebenso ein paar Familienmitglieder und langjährige Wegbegleiter. Dass ich innerhalb von nicht einmal zwei Jahren zweimal in der Bundesversammlung sitze und der Bundespräsidentenwahl zuschaue, hätte ich nie zu träumen gewagt.

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