Der Bombenkrieg: Ein Verbrechen, das Wirkung zeigte

Alexander Jungkunz

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27.12.2019, 09:44 Uhr
Auch 1949 war die Nürnberger Altstadt immer noch eine Ansammlung von Ruinen.

© Gertrud Gerardi Auch 1949 war die Nürnberger Altstadt immer noch eine Ansammlung von Ruinen.

Der Bombenkrieg gegen die deutsche Zivilbevölkerung wird von vielen Experten als Verbrechen eingestuft, Churchill selbst sprach nach der Bombardierung Dresdens von "bloßen Terrorakten". Die hatten da aber schon stattgefunden: Die britischen und US-amerikanischen Angriffe auf deutsche Städte kosteten 600.000 Menschen das Leben.

Zuvor hatten die Nazis mit gezielten Luftattacken rund 60.000 Zivilisten getötet. Sie testeten die Bomben-Taktik schon im Spanischen Bürgerkrieg. Und sie starteten auch den von ihnen losgetretenen Zweiten Weltkrieg mit Angriffen aus der Luft.

Darf man solche Gewalt mit Gegen-Gewalt beantworten? Die Frage offenbart ein furchtbares Dilemma, einen moralisch schwer lösbaren Zwiespalt. Er ist noch schwieriger zu klären als die während des Nationalsozialismus diskutierte Frage, ob denn der Tyrannenmord ein legitimes Mittel gegen ein barbarisches Regime sein kann.

Lange, zu lange lautete darauf die Antwort zu vieler Deutscher: Widerstand, verbunden mit einem Attentat auf den "Führer" – das ist Verrat. Erst sehr spät wurden die wenigen Verschwörer oder Einzelkämpfer gegen Hitler so gewürdigt, wie sie es verdienen: als mutige Menschen, deren Zivilcourage gegen Terror so weit ging, das eigene Leben aufs Spiel zu setzen.

Der Bombenkrieg richtete sich nicht gegen einen, sondern viele, wahllos. Er traf Frauen, Kinder, vielleicht sogar Hitler-Gegner. Aber er zeigte Wirkung. Der Historiker Richard Overy schrieb ein Standardwerk zum Thema. Er meint: "Der Einsatz von Bomben machte den Krieg barbarischer. . . Aber es war weder vorsätzlicher Massenmord noch ein Massaker. . . Die Bomben haben die deutsche Wirtschaft nicht zerstört, aber Deutschland daran gehindert, zu einer unbesiegbaren Supermacht zu werden. . . 1945 schien die völlige Niederwerfung von Hitlers Deutschland Rechtfertigung genug zu sein, um bis zum Äußersten zu gehen."

Hybris und schreckliche Vergeltung

Manche Deutsche sahen das damals ähnlich. Sie ahnten, dass der Bombenkrieg eine schreckliche Vergeltung für Hitlers Hybris war. Der Fürther Lebküchnermeister Daniel Lotter schrieb nach der Bombennacht in sein Tagebuch: "Für viele bedeutet die Vernichtung Nürnbergs ein Gottesgericht, das der Stadt der Reichsparteitage und der Nürnberger Gesetze galt." Und am 21. Januar, nachdem Hitler tönte, er sei vom "Endsieg fester überzeugt denn je", notierte Lotter: "Wen Gott vernichten will, den schlägt er mit Blindheit."

Der Bombenkrieg – er war buchstäblich notwendig: Er sorgte mit dafür, dass dieser von Hitler entfachte Krieg zu Ende ging. Und dass nicht Hitler ihn gewann.

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