Forderung nach Neuwahl

Die Scheinangebote des CSU-Chefs: Eigentlich ist Söder froh, dass derzeit die Ampel regiert

Roland Englisch

Nürnberger Nachrichten

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27.11.2023, 15:10 Uhr
CSU-Chef Markus Söder (links) und CDU-Chef Friedrich Merz drängen die Ampel zu Aufgabe. 

© IMAGO/Chris Emil Janssen, IMAGO/Chris Emil Janßen CSU-Chef Markus Söder (links) und CDU-Chef Friedrich Merz drängen die Ampel zu Aufgabe. 

Es sind zwei hübsche Ideen, die CSU-Chef Markus Söder in den Raum gestellt hat. Erst diente er die derzeit starke Union der sich verzwergenden SPD als Juniorpartner an. Jetzt ruft er nach Neuwahlen im Bund.

Stark nur in der Opposition

Es braucht nicht viel Fantasie, dass beides nicht eintreten wird. Und es braucht kaum mehr Vorstellungskraft, dass Söder das recht sein dürfte. Die Stärke der Union erwächst nicht nur aus dem Chaos, durch das die Ampel taumelt, und das sie zum Teil verantwortet. Sie erwächst auch daraus, dass CDU und CSU als Opposition keine ernsthaften Lösungsvorschläge unterbreiten müssen.

Tatsächlich stünde die Union vor den gleichen Fragen, die SPD, Grüne und FDP so hilflos aussehen lassen. Denn die Ampel ist mit ihren ertricksten 60 Milliarden womöglich nicht alleine. Es gibt unionsgeführte Länder, die ebenfalls zittern, weil sie kreative Wege gegangen sind. Auch Bayern überträgt alte Kreditermächtigungen in andere Jahre. Und die Milliarden, die der Freistaat in die Rettung der Landesbank gesteckt hat, sind nie im Haushalt aufgetaucht - und damit nie in den Staatsschulden.

Es fehlt an zu vielen Ecken

Weit drängender ist die Frage, wie es nun weiter geht in einem Land, das nicht erst die Ampel kaputt gespart hat. Die Infrastruktur ist in einem verheerenden Zustand und die Bundeswehr in keinem besseren; die Energiewende war nie wirklich mit Geld unterfüttert, obwohl die Folgen der Klimakatastrophe offensichtlich sind; die Industrie steht vor einem Transformationsprozess, der den Staat noch viele Milliarden kosten wird, will er nicht seine wirtschaftliche Basis verlieren. Und wie die Rentenversicherung, wie der Sozialstaat finanziert werden soll - ebenfalls offen.

All das aber kostet nicht nur die 60 Milliarden, die gerade im Feuer stehen. Die Vorschläge, die Unionspolitiker unterbreiten, sind im Verhältnis zu den Herausforderungen ein Witz. Zumal sie munter nach Steuersenkungen für alle möglichen Bereiche rufen. Dabei müssten sich alle bewegen - die SPD etwa bei den Sozialleistungen wie dem aus dem Ruder laufenden Bürgergeld, die Grünen bei der Flüchtlingspolitik, die FDP bei der Schuldenbremse, die Union beim Thema Steuererhöhungen.

Der Mut zur Wahrheit fehlt

Das Land wird die Krise nur durchstehen, wenn es spart und investiert, wenn es streicht und neue Schulden aufnimmt. Nichts davon wird den Menschen auf Anhieb gefallen. Es erfordert den Mut zu einer unbequemen Wahrheit, die bislang nur einer hatte, der inzwischen zu Recht in Ungnade gefallene SPD-Kanzler Gerhard Schröder. Heute haben ihn weder Olaf Scholz noch Friedrich Merz oder Markus Söder.

Und so setzt die Union darauf, dass dies Regierung nicht abdanken wird, weil sonst sie die Antworten geben müsste, die sie nicht hat. Und sie kann es, weil SPD, Grüne und FDP, zögen sie jetzt zurück, auf viele Jahre hinaus erledigt wären.

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