Streit von Schuldenbremse bis zu Uno-Abstimmung

Drei Tage im Leben der Ampel-Koalition: Darum scheitern sie im Regierungsalltag immer wieder

Harald Baumer

Berlin-Korrespondent der NN

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1.11.2023, 13:30 Uhr
Ihre Enthaltung bei der Uno-Abstimmung ist umstritten: Annalena Baerbock.

© Kay Nietfeld, dpa Ihre Enthaltung bei der Uno-Abstimmung ist umstritten: Annalena Baerbock.

Die jüngsten 72 Stunden aus dem Leben der Ampel sind so etwas wie eine Geschichte dieser Regierung im Kleinen. Die drei Tage spiegeln all das wider, was SPD, Grüne und FDP seit knapp zwei Jahren nicht hinbekommen, nämlich wenigstens halbwegs geschlossen aufzutreten.

Nur zur Klarstellung: Es geht gar nicht darum, dass die beteiligten Parteien nicht miteinander um den richtigen Weg streiten dürften. Das gehört selbstverständlich zum Alltag einer Koalition. Erst recht, wenn sich die Probleme derart auftürmen wie seit Regierungsantritt. Fatal wird es jedoch, wenn in wichtigen Punkten Absprachen gar nicht getroffen oder, falls es sie denn gab, anschließend gleich wieder in Frage gestellt werden.

Beispiel eins: Deutschland enthält sich bei der Abstimmung der Vereinten Nationen über eine Resolution zur Waffenruhe in Gaza. Federführend ist Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Gleich danach lässt FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner durchblicken, dass er und seine Partei nicht eingebunden gewesen seien und die Entscheidung auch nicht nachvollziehen könnten.

Kein gutes Zeichen

Wie kann das sein? In einer Frage, die nach Meinung aller Beteiligten etwas mit der deutschen „Staatsräson“ zu tun hat, konnte sich die Regierung nicht auf einen gemeinsamen Kurs einigen? Kein gutes Zeichen, auch international nicht.

Beispiel zwei: In einem offenen Brief fordern 26 FDP-Landespolitiker ihren Bundesvorsitzenden Lindner „dringend“ auf, über einen Ausstieg aus der Ampel-Koalition nachzudenken. Die Regierungsbeteiligung verlange von den Liberalen ein Verbiegen „bis zur Unkenntlichkeit“ und könne zu deren Niedergang führen. Nicht gerade eine vertrauensbildende Maßnahme, wenn man gleichzeitig in Berlin über Kriege, Energiewandel und Migration verhandelt.

Beispiel drei: „Da müssen wir neu ran“, mit diesen Worten kündigt der FDP-Chef grundlegende Neuüberlegungen zum Bundeshaushalt (vor allem eine Senkung der Sozialausgaben) an. Gleichzeitig teilt SPD-Vorsitzende Saskia Esken das Gegenteil mit. Die Schuldenbremse müsse angesichts der Probleme allüberall ausgesetzt werden.

Häufig FDP gegen Grüne

Häufig, wenn auch nicht immer, sind es FDP und Grüne, deren Vorstellungen aufeinanderprallen. Und die Kanzlerpartei SPD steht irgendwo dazwischen, schlägt sich mal auf die eine, mal auf die andere Seite.

Es liegt in der Natur solcher Dreier-Koalitionen, dass sich die Fliehkräfte immer wieder durchsetzen. Vielleicht müssen wir in Deutschland, dem Land der traditionellen Zweier-Koalitionen, auch erst einen Umgang damit finden. Dann würden wir momentan eine Lehrzeit für künftige derartige Bündnisse erleben, die zweifellos in Zukunft häufiger sein werden.

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