Duell im Plenarsaal vorbei: Klarer Punktsieg für Söder

13.4.2021, 19:16 Uhr

Markus Söder bei Ankunft am Dienstag am Bundestag. Bayerns Ministerpräsident war, wie Armin Laschet auch, persönlich erschienen. © IMAGO/Bernd Elmenthaler

Armin Laschet wusste genau, warum er einen gemeinsamen Auftritt von sich und Markus Söder vor der CDU/CSU-Bundestagsfraktion unbedingt vermeiden wollte. Das sei nicht vorgesehen, betonte er am Montagnachmittag noch. Und wenn, dann werde man sich zuvor miteinander absprechen. So sei es vereinbart. Doch da hatte er die Rechnung ohne den CSU-Chef gemacht. Der erklärte ungerührt, er werde selbstverständlich vor der Fraktion erscheinen, denn deren Meinungsbild sei doch wichtig bei der K-Frage.

Laschet blieb nichts anderes übrig, als auch nach Berlin zu reisen, obwohl er zuvor das genaue Gegenteil verkündet hatte. Schon hatte Söder den ersten Punkt gemacht und sein Konkurrent erschien erneut wie jemand, der nicht den Fortgang der Dinge bestimmt.

Bei der nachmittäglichen Routinesitzung im Reichstagsgebäude kam es zum Showdown der beiden Männer, die gerne Kanzlerkandidat würden. Vor rund 240 Abgeordneten, von denen wegen der schlechten Umfragewerte inzwischen viele um ihre Wiederwahl zittern müssen. Kurz bevor Markus Söder das Reichstagsgebäude betrat, sagte er in die Kameras "am Ende wird alles gut". Aus seiner Sicht war das vermutlich ein zutreffender Kommentar.

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Laschet und Söder hatten drei freie Sitzplätze zwischen sich. Es war coronabedingt so vorgeschrieben. Aber auch von den Pandemieregeln abgesehen dürfte es den beiden ganz recht gewesen sein, dass sie nicht auf Tuchfühlung gehen mussten. Denn die beiden Männer sind inzwischen knallharte Konkurrenten, da mögen sie noch so oft von der gemeinsamen Sache sprechen.

"Der CDU-Vorstand ist keine Splittergruppe"

Zunächst erhielt jeder die Gelegenheit, für sich zu werben. Laschet wies darauf hin, wie stark der Streit um Personalfragen vor einiger Zeit die SPD geschwächt habe. Nun drohe genau das der Union. Auch wehrte er sich gegen Anmerkungen Söders, der CDU-Vorstand, der sich für ihn selbst ausgesprochen hatte, sei ja nicht repräsentativ für die Partei. Laschet verwahrte sich dagegen, dieses Gremium wie eine Splittergruppe zu betrachten.

Markus Söder sprach spürbar länger als Laschet. Er wies darauf hin, die Union brauche für den Wahlkampf die beste Aufstellung - inhaltlich wie personell. Dass er damit sich selbst meint, musste er gar nicht mehr eigens erwähnen. Umfragen seien zwar nicht entscheidend, man dürfe sie aber auch nicht ignorieren. Seine deutlichste Warnung an die Parlamentarier: Es gehe längst nicht mehr nur um die Frage, mit wem man ab Herbst regieren werde, sondern ob man dazu überhaupt in der Lage sein werde.

Bis zu dem Zeitpunkt, etwa 16 Uhr, waren keine Anzeichen zu erkennen, wem die Mehrheit der Fraktion der Abgeordneten das Vertrauen aussprechen würde. Der Applaus war etwa gleich verteilt gewesen. Dann begann die Aussprache. Rund 60 Fraktionsmitglieder meldeten sich für einen Wortbeitrag - ein Zeichen dafür, wie sehr sie die Angelegenheit aufwühlte.

Erste Meldung zu Gunsten Söders

Schon der erste Kommentar war einer zu Gunsten von Markus Söder. Und das schien kein Zufall zu sein. Zwar fand die Sitzung hinter verschlossenen Türen statt, doch es drangen am laufenden Band Stimmungsbilder nach außen. Die einen vermeldeten eine 8:0-Führung für Söder, die anderen sprachen später von 20:3. Nahezu alle waren sich jedoch darin einig, dass der bayerische Ministerpräsident vorne liege.

Einige wiesen darauf hin, sie hätten von ihren Wählerinnen und Wählern klare Hinweise erhalten, Söder sei der bessere Kandidat. Andere regten an, man solle doch nach dem Ende der Diskussion in der Fraktion am besten gleich abstimmen. Das wäre dann eine klare historische Parallele zum Jahr 1979 gewesen. Damals entschied sich die Bundestagsfraktion mit 135 zu 102 Stimmen für CSU-Chef Franz-Josef Strauß und gegen den von Helmut Kohl favorisierten Christdemokraten Ernst Albrecht. Die Sache ging für die Union nicht gut aus, sie durfte nach der Wahl nicht den Kanzler stellen.

Armin Laschet verfolgte nach Teilnehmerangaben mit verschränkten Armen, wie die Sache immer mehr gegen ihn lief. Allerdings gab es auch Wortmeldungen zu seinen Gunsten. Oliver Wittke aus seiner Heimat NRW wies darauf hin, Laschet sei eindeutig der integrativere Kandidat, der "dieses Land und die Union" zusammenhalten könne. Das scheint aus der Sicht der Abgeordneten sein größter Vorteil zu sein, denn auch etliche andere argumentierten so. Allerdings werden nahezu jeden Tag Umfragezahlen von verschiedenen Meinungsforschungsinstituten bekannt, die durchgehend schlecht bis desaströs für Laschet ausfallen - trotz seines verbindlichen Auftretens. Oder vielleicht sogar genau deswegen.

CDU-Landesgruppen sind gespalten

Dass die Gewichte unterschiedlich verteilt sein würden - pro Söder, contra Laschet -, das hatte sich schon vor der Fraktionssitzung abgezeichnet. Und zwar bei den Treffen der wichtigen Landesgruppen der CDU. Die Baden-Württemberger zum Beispiel sollen sich ebenso wie die Hessen auf die Seite des Franken geschlagen haben. Die kleine Berliner Gruppe und die größte Delegation aus NRW standen demnach zu ihrem amtierenden Vorsitzenden.



Manche Optimisten versuchten, der harten Auseinandersetzung in der K-Frage noch etwas Positives abzugewinnen. Fraktionsjustiziar Michael Frieser etwa, Abgeordneter aus Nürnberg, stellte fest: "Die Union demonstriert hier und heute innerparteiliche Demokratie im Ringen um den richtigen Kandidaten. Das haben die Grünen verlernt." Die Grünen wollen am kommenden Montag (19. April) bekanntgeben, wer für sie ins Kanzleramt einziehen soll.

Wie geht es nun weiter? Darauf gibt es keine verbindliche Antwort. CDU und CSU haben es in den 16 Jahren von Angela Merkel verlernt oder vielleicht sogar noch nie so richtig beherrscht, ein geregeltes Verfahren für die Kanzlerkandidatur zu entwickeln. Letztlich läuft alles darauf hinaus, dass einer der beiden Männer dem anderen freiwillig den Vortritt lässt. Und wenn das nicht geschieht, bleibt nur noch die große Ratlosigkeit.



Einige waren sich alle, die Söderianer wie die Laschetisten, am Ende des Abends eigentlich nur in einem Punkt: Es darf nicht allzu lange dauern mit der Entscheidung, wenn die Union das alles halbwegs heil überstehen soll. Viel Abstand zu den Grünen haben die Schwesterparteien inzwischen nicht mehr. Die Führungsdebatte könnte ihn noch weiter reduzieren.