Erlanger Fachanwalt zum Plagiatsvorwurf

21.2.2011, 20:43 Uhr
Erlanger Fachanwalt zum Plagiatsvorwurf

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NZ: Herr Metzner, wann spricht man aus urheberrechtlicher Sicht von einem Plagiat?

Michael Metzner: „Plagiat“ an sich ist kein rechtlicher Fachbegriff. Am ehesten ist ein Plagiat aus urheberrechtlicher Sicht ein Werk – zum Beispiel ein Buch –, das einem vorbestehenden Werk sehr stark ähnelt oder mit diesem gar identisch ist, und ohne Zustimmung des ursprünglichen Autors veröffentlicht oder verwertet wird.
 

NZ: Minister zu Guttenberg gibt laut Internetforen und Untersuchern seiner Dissertation auf 270 Seiten keine Quellen an. Wo liegt die Grenze zwischen Plagiat und eigenem Text?

Metzner: Auch die Benutzung von Werkteilen, wie Textstellen, kann eine Urheberrechtsverletzung darstellen, wenn die Stelle für sich eine ausreichende Qualität aufweist, um urheberrechtlich schutzfähig zu sein. Kein Plagiat liegt hingegen vor, wenn sich ein Werkschaffender nur inspirieren lässt, eigene Gedanken fasst und formuliert. Das neue Werk sollte so weit vom ursprünglichen entfernt sein, dass der persönliche Charakter, den der ursprüngliche Autor seinem Werk verliehen hat, hinter der Individualität des neuen Werkes verblasst.
 

NZ: Was heißt das konkret im Fall zu Guttenberg?

Metzner: Das Urheberrecht ist zwar durch ein Zitatrecht eingeschränkt. Dieses besteht aber nur in engen Grenzen. Nämlich dann, wenn sich ein Werk inhaltlich mit dem zitierten Werk auseinandersetzt, und zwingend auch nur dann, wenn das Zitat als solches kenntlich gemacht wird. Konkret heißt das: Es spricht viel dafür, dass die nicht gekennzeichnete Übernahme von wesentlichen Textpassagen in einer Dissertation wie der von zu Guttenberg eine Urheberrechtsverletzung darstellt.

NZ: Welche Folgen drohen Minister zu Guttenberg?

Metzner: Aus einer Urheberrechtsverletzung drohen zivilrechtlich Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche auf Grundlage des Urheberrechtsgesetzes. Der Verletzte kann verlangen, dass der Verletzer und alle anderen, die einen Beitrag zur Verletzung geleistet haben, wie zum Beispiel der Verlag, für alle Zeiten die rechtsverletzende Handlung unterlässt. Das heißt: Teile des vorbestehenden Werkes, also der Vorlage, nicht mehr verbreitet und vervielfältigt werden dürfen oder dieses ungenehmigt bearbeitet werden darf.
 

NZ: Gibt es noch weiter reichende rechtliche Schritte, die der Urheber fordern kann?

Metzner: Wenn der Verletzer fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat – also hätte erkennen können, dass er ein fremdes Werk als sein eigenes ausgibt –, muss er dem Urheber Schadensersatz zahlen. Zum Beispiel in Form einer angemessenen, üblichen Lizenzgebühr. Hinzu kommen die Kosten der Rechtsverfolgung, die dem ursprünglichen Autor entstanden sind. Außerdem ist der Plagiator verpflichtet, Auskunft über den Umfang und die Verbreitung der rechtswidrigen Nutzung zu erteilen. Und: Der Urheber kann die Vernichtung der gedruckten Exemplare und die Veröffentlichung des Urteils verlangen.
 

NZ: Zusammengefasst – wie strafbar macht man sich mit einem Plagiat?

Metzner: Das wird oft vergessen: Eine vorsätzliche Urheberrechtsverletzung stellt auch eine strafbare Handlung dar. Sollte ein Gericht davon überzeugt sein, daß Herr zu Guttenberg ein Plagiat zumindest bewusst in Kauf genommen hat, droht ihm eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Ein Ermittlungsverfahren wird aber nur dann eingeleitet, wenn ein verletzter Autor Strafantrag stellt. Das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung wird in der Regel nicht gegeben sein.
 

NZ: Wie wird in so einem Fall in der Regel vorgegangen?

Metzner: Häufig ist eine relativ schnelle außergerichtliche Abmahnung durch den plagiierten Autor. Darin fordert er in der Regel die Abgabe einer Unterlassungserklärung. Sollte der Plagiator keine Unterlassungserklärung abgeben, folgt ein gerichtliches Verfahren mit einer einstweiligen Verfügung oder einer Klage – in der Regel in erster Instanz vor dem Landgericht. Gibt es eine Strafanzeige durch den Verletzten, kommt es zu einem Ermittlungsverfahren. Wenn dieses nicht eingestellt wird, ergeht ein Strafbefehl oder es kommt zu einem Strafverfahren vor dem Amtsgericht.
 

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