Postcorona-Triage? Alarmruf der Jugendärzte

Folgen der Corona-Pandemie: Gebt den Kindern eine Chance!

18.5.2021, 18:27 Uhr
Kinder und Jugendliche gehören zu den größten Opfern der Corona-Pandemie.

© Christian Charisius/dpa Kinder und Jugendliche gehören zu den größten Opfern der Corona-Pandemie.

"Die Kinder- und Jugendpsychiatrien sind voll, dort findet eine Triage statt. Wer nicht suizidgefährdet ist und 'nur' eine Depression hat, wird gar nicht mehr aufgenommen." Ein Satz, der aufhorchen lässt. Er stammt von Jakob Maske, dem Sprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte. Die Triage, das zur Erinnerung, war zu Hochzeiten der Pandemie das Schreckenswort schlechthin.

Denn Triage bedeutet auszuwählen: Zwischen Menschen, denen die Ärzte ein Chance geben und solchen, die mangels Behandlungskapazitäten und Heilungschancen dem Tode geweiht sind. Glücklicherweise kam es in Deutschland an den Krankenhauspforten nie soweit. Jetzt droht allerdings eine zweite Triage, die nicht minder gefährlich ist. Es geht nun um die Überlebensperspektive von Kindern und Jugendlichen.

Was nun bevorsteht, ist eine Katastrophe mit Ansage. Bereits nach wenigen Corona-Monaten hatten Kinderärzte und Jugendpsychologen Alarm geschlagen. Ihre ständigen Mahnungen fanden in der Politik keinerlei Widerhall. Die Regierungen zogen, anfangs getragen von breiter Unterstützung der Bevölkerung, stur ihren Kurs des Gesundheitsschutzes um jeden Preis durch.

Die Entscheidung war eindeutig: Dem Schutz der älteren Bevölkerungsgruppen wurde Vorrang eingeräumt - durchaus nachvollziehbar angesichts der Todeszahlen im vierstelligen Bereich. Trotzdem war es ein großer Fehler, die jüngeren Generationen völlig außer Acht zu lassen.

Die Folgen sind nun unübersehbar: Reihenweise halten Kinder und Jugendliche dem Druck nicht mehr Stand, der ihnen zu Pandemiezeiten auferlegt wurde. Nun müssen Milliarden in die Stabilisierung einer ganzen Generation fließen. Die kürzlich genannte Summe von zwei Milliarden ist lächerlich gering, angesichts der zu erwartenden Arbeit. Sie wird bald nach oben korrigiert werden müssen. Zudem viele psychiatrische Einrichtungen ohnehin kaputt gespart wurden.

Es ist beschämend, wie wenig Kinder und Jugendliche den verantwortlichen Politikern wert waren. Ob dahinter ein Kalkül stand, indem bereits auf die Bundestagwahl und das enorme Potential der älteren Wählergruppen geschielt worden ist, bleibt Spekulation, vielleicht sogar bösartige Unterstellung.

Viel wahrscheinlicher ist, dass die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten-Runde sich schlicht nicht anders zu helfen wussten. Sie nahmen die Folgeschäden billigend in Kauf, um der drohenden Katastrophe Herr zu werden. Dieses kurzsichtige Verhalten kommt uns teuer zu stehen. Bleibt zu hoffen, dass die psychisch kranken Jugendlichen je wieder eine Perspektive erkennen können.

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