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Fragen im Internet: Wenn Wähler der Politik auf den Zahn fühlen dürfen

28.7.2021, 17:26 Uhr
In nicht einmal mehr zwei Monaten stehen die Menschen wieder vor der Qual der Wahl. Eine Internetseite will ihnen die etwas erleichtern.

© Kay Nietfeld/dpa In nicht einmal mehr zwei Monaten stehen die Menschen wieder vor der Qual der Wahl. Eine Internetseite will ihnen die etwas erleichtern.

Es ist ein hehres Ziel, das die Mitarbeiter der Internetseite abgeordnetenwatch.de verfolgen. "Weil Transparenz Vertrauen schafft", haben sie sich zum Motto gemacht, seit mittlerweile 15 Jahren. Auch zur Bundestagswahl wollen sie dem gerecht werden. Und so listen sie alle Direktkandidaten auf und machen sie erreichbar für die Wähler.

Viele Fragen

Wer will, kann sich durch die Profile seiner örtlichen Kandidaten klicken. 2574 Namen sind erfasst, dazu alle 299 Wahlkreise und die Programme der zugelassenen Parteien, alles sortiert nach Postleitzahl und Wahlkreis, Partei und Namen. Wer auf die Webseite geht, kann den Abgeordneten und Kandidaten seine Fragen stellen. Ein Team sichtet die Wortmeldungen überprüft die Daten des Absenders und filtert heraus, was beleidigend ist oder auf das private Umfeld zielt. Alles andere reichen die Mitarbeiter weiter.

Mehr als 228.000 Fragen sind so über die Jahre zusammengekommen. Sie stehen alle auf der Seite, ebenso das Abstimmungsverhalten der erfassten Politiker bei wichtigen Themen. Hatte sich abgeordnetenwatch am Anfang nur um die Hamburger Bürgerschaft gekümmert, listet die Seite inzwischen alle Abgeordneten aus Bund und Ländern und die deutschen Abgeordneten im Europaparlament auf.

Viele Antworten

"Wir haben uns etabliert", sagt Lea Briand. Zwar können sich Politiker aus der Kartei streichen lassen, wobei ihre bisherigen Einträge stehen bleiben. Doch die wenigsten tun das. Immerhin können sie ihre Profile selbst pflegen, Bilder einstellen, Biografien verfassen. Vier von fünf Fragen beantworten die Abgeordneten tatsächlich. Niemand muss, jeder kann. Wobei das Engagement unterschiedlich ausgeprägt ist.

Wer sich die Liste der bayerischen Spitzenkandidaten zur Bundestagswahl ansieht, wird das feststellen. Nur Uli Grötsch (SPD) hat alle gestellten Fragen beantwortet, 14 an der Zahl. FDP-Mann Daniel Föst kommt auf acht von zehn, Alexander Dobrindt (CSU) auf 18 von 68. AfD-Kandidat Peter Boehringer hat zwei von elf beantwortet. Das Schlusslicht bilden Caudia Roth von den Grünen und Hubert Aiwanger, Freie Wähler. Sie haben noch auf keine einzige der ihnen gestellten Fragen reagiert.

Viel Interesse

Der Aufwand, den die Betreiber der Seite auf sich nehmen, ist groß, "Wir sammeln im Hintergrund alle Kontaktdaten der Abgeordneten", sagt Lea Briand. Das sei oft schwierig, nie aber erfolglos. "Bei uns landet nichts im Nichts." Jede Frage erreiche ihren Adressaten, auch jetzt zur Bundestagswahl. Geht es nach den Betreibern von abgeordnetenwatch, könnten bis zum 26. September mehr als eine Million Menschen die Seite besucht und mindestens 8000 Fragen eingereicht haben. Das seien Zahlen von früheren Wahlen, sagt Ghasal Falaki. "Bei dieser Wahl sehen wir eine besondere Aufmerksamkeit, weil sich alles neu sortiert."

Auf großes Interesse dürfte auch der so genannte Kandidierenden-Check stoßen, der drei Wochen vor der Wahl online gehen wird. Wer ihn nutzt, klickt sich in seinem Wahlkreis durch 24 politische Thesen und sieht am Ende, welchem Abgeordneten er damit am nächsten steht. Die Macher haben damit auf lokale Ebene herunter gebrochen und personalisiert, was der Wahlomat auf überregionaler Ebene anbietet. Der wertet die Parteiprogramme aus und gießt sie ebenfalls in Thesen. "Wir bieten damit für die Erststimme, was der Wahlomat für die Zweitstimme bietet", sagt Ghasal Falaki.

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