Nach der Staatskrise

Fünf Punkte, die man über Südkoreas Wahlsieger wissen sollte

03.06.2025, 20:31 Uhr
Die Südkoreaner haben mit Lee Jae Myung für einen Richtungswechsel gestimmt.

© Lee Jin-man/AP/dpa Die Südkoreaner haben mit Lee Jae Myung für einen Richtungswechsel gestimmt.

Am Ende hat der linke Oppositionsführer Lee Jae Myung den erwarteten Erdrutschsieg geholt. Nach Auszählung fast aller Stimmen liegt Lee mit 49,4 Prozent deutlich vor dem zweitplatzierten Kim Moon Soo, der auf 41,2 Prozent kommt. Beobachter nannten die Wahl bereits vorher richtungsweisend für das Land. Und mit Lee Jae Myung wird sich der Kurs Südkoreas maßgeblich ändern - wirtschaftlich, nach außen und nach innen.

Darum ist die Wahl von historischer Bedeutung:

Genau vor einem halben Jahr war die noch junge Demokratie Südkoreas existenziell bedroht. Ex-Präsident Yoon Suk Yeol rief völlig überraschend das Kriegsrecht aus und schickte Spezialeinheiten der Armee zum Parlament. Der mittlerweile vom Amt enthobene Yoon begründete seine Maßnahme mit dem Schutz der freiheitlichen Ordnung des Landes, die angeblich von einer kommunistisch unterwanderten Opposition gefährdet sei. Die meisten Südkoreaner jedoch waren der Auffassung, dass Südkorea in seine autoritäre Vergangenheit zurückzufallen drohte. Insofern ging es bei den Neuwahlen vor allem auch darum, die mehrmonatige Staatskrise endgültig zu besiegeln.

Das ist Südkoreas neuer Präsident Lee Jae Myung:

Lees Aufsteiger-Biografie spiegelt eindrücklich den Aufstieg Südkoreas wider. Er wuchs in derart armen Verhältnissen auf, dass bis heute sein genaues Geburtsdatum unbekannt ist - sein Vater hatte den kleinen Lee erst deutlich verspätet bei den Behörden registriert. Laut offiziellen Angaben ist Lee Jae Myung daher 60 Jahre alt, die meisten Medien gehen jedoch von 61 Jahren aus.

In seiner Jugend schuftete der Südkoreaner in Fabriken unter ausbeuterischen Bedingungen. Während jener Zeit zog er sich mehrere schwere Arbeitsverletzungen zu, die Lee bis heute gesundheitlich beeinträchtigen. Doch mit seinem ausgeprägten Wissensdurst gelang dem Teenager der Sprung an die Universität, nach dem Abschluss machte er sich einen Namen als Menschenrechtsanwalt.

Im Politikbetrieb galt Lee vor allem als linker Außenseiter mit teils radikalen Ideen. Als erster bekannter Politiker forderte er etwa ein bedingungsloses Grundeinkommen - eine Idee, in Südkorea für Furore sorgte. Im aktuellen Wahlkampf hat Lee seine Positionen deutlich gemäßigt, um auch die Wähler der politischen Mitte anzusprechen. 

Lees Aufsteiger-Biografie spiegelt eindrücklich den Aufstieg Südkoreas wider.

Lees Aufsteiger-Biografie spiegelt eindrücklich den Aufstieg Südkoreas wider. © Lee Jin-man/AP/dpa

Diese Herausforderungen warten nun auf Präsident Lee:

Südkoreas Bevölkerung ist derzeit polarisierter denn je. Die gesellschaftlichen Spaltungen verlaufen zwischen den politischen Lagern ebenso wie Geschlechtern und Generationen. 

Gleichzeitig steht das Land vor wirtschaftlich großen Problemen. Im letzten Quartal ist das Bruttoinlandsprodukt des Landes sogar überraschend geschrumpft. Hinzu kommen die von Donald Trump angekündigten Zölle, die die Exportnation besonders stark treffen würden. Ebenfalls hat der ostasiatische Tigerstaat mit einem rasanten demografischen Wandel zu kämpfen: In keinem anderen Staat der Welt ist die Geburtenrate derart niedrig. 

Das bedeutet Lees Wahlsieg für Südkoreas Beziehungen mit dem Ausland: 

Im Vergleich zum konservativen Vorgänger Yoon Suk Yeol, der einen harten Kurs gegenüber Nordkorea führte, sucht Lee Jae Myung eine diplomatische Annäherung. Auch gegenüber China möchte er die bilateralen Beziehungen verbessern, ohne jedoch die für Südkorea wichtige Sicherheitsallianz mit den Vereinigten Staaten zu gefährden. 

Aus europäischer Sicht wird besonders wichtig, wie Lee sich zu Russland positioniert. In der Vergangenheit hatte er sich unter anderem dafür ausgesprochen, Moskau nicht übermäßig zu „antagonisieren“. Ob dies bedeutet, dass Südkorea seine politische Unterstützung gegenüber der Ukraine zurückfährt, wird sich zeigen. 

So geht es für Südkorea nun weiter:

Am Mittwoch (Ortszeit) wird Lee Jae Myung bereits angelobt. Als südkoreanischer Präsident ist er mit einer beeindruckenden Machtfülle ausgestattet: So leitet er nicht nur die Regierung, sondern ist auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Nur wiedergewählt werden darf er nicht - seine Amtszeit ist auf eine fünfjährige Legislaturperiode beschränkt.