Der Machtkampf geht weiter - ein Kommentar

GDL: Es wird um jeden Preis gestreikt

1.9.2021, 15:13 Uhr
Claus Weselsky, Chef der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), hat zu einer dritten und mehrtägigen Streikwelle aufgerufen. 

© Sebastian Gollnow, dpa Claus Weselsky, Chef der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), hat zu einer dritten und mehrtägigen Streikwelle aufgerufen. 

Ein Streik ohne oder mit nur geringen Auswirkungen ist sinnlos. In dieser Hinsicht macht die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) alles richtig.

Die nunmehr dritte und auch längste Streikrunde in diesem Sommer wird bei der ohnehin wirtschaftlich massiv angeschlagenen DB finanziell deutliche Bremsspuren hinterlassen und einmal mehr müssen Hunderttausende Pendler und Reisende zusehen, wie sie an ihr Ziel kommen.

Für einen Arbeitskampf gelten jedoch Regeln. Er ist das letzte Druckmittel, wenn zuvor alle Verhandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft wurden.

Wahrung der Fairness

Für die Austragung gilt zudem die Wahrung einer gewissen Fairness. Das alles interessiert Claus Weselsky an der Spitze der Lokomotivführer-Gewerkschaft auch in dieser Verhandlungsrunde herzlich wenig. Einen erneuten Schlichtungsversuch lehnt er ab. Überhaupt geht es Weselsky ja nach eigener Aussage "am Steiß vorbei", was Richard Lutz als Bahnchef so sagt.

Die GDL gegen den Rest der Welt, das Bahn-Establishment, mit Weselsky an der Spitze, Schwarz und Weiß. So funktioniert die Rhetorik dieser Kleingewerkschaft.

3,2 Prozent mehr

Die GDL verlangt für die Beschäftigten 1,4 Prozent mehr Geld in diesem Jahr und 1,8 Prozent mehr 2022. Zusätzlich soll noch 2021 eine Corona-Prämie von 600 Euro fließen.

Unabhängig von der Tatsache, dass gerade Lokomotivführer eine hohe Verantwortung tragen und das Recht auf angemessene Bezahlung haben, darf natürlich auch hinterfragt werden, ob die Ansprüche der GDL in diesen Zeiten gerechtfertigt sind. Zumal es sich bei der DB um einen Staatskonzern handelt, der auch durch Corona mit Milliardenverlusten zu kämpfen hat. Aber auch die zusätzlichen Einbußen durch die GDL-Blockaden und die Einkommenserhöhungen hat am Ende die öffentliche Hand und damit der Steuerzahler zu tragen.

Ohne Kompromisse

Um diese Tatsache weiß Weselsky und er nutzt sie nicht erst in diesem Tarifkonflikt kompromisslos aus. Doch wenn es nur um mehr Geld gehen würde, wäre der Konflikt längst beigelegt, die DB hat bereits erklärt, auf die Forderungen eingehen zu wollen, wenn auch mit anderen Laufzeiten.

Im Kern geht es der GDL um das Tarifeinheitsgesetz, mit dem die damalige SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles das 2010 mit einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts ausgehebelte Prinzip "Ein Betrieb, ein Tarifvertrag" wieder herstellen wollte. Gegen die Anwendung bei der DB wehrt sich die GDL-Spitze mit allen Mitteln, weil sie zurecht fürchtet, gegenüber der deutlich größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft in der Bedeutungslosigkeit zu versinken.

Fehler im System

Hier liegt der Fehler im System: Kleinere Gewerkschaften wie die GDL kämpfen mit Blick auf das Tarifeinheitsgesetz umso verbissener, auch um zusätzliche Mitglieder und mehr Macht zu bekommen. Daran wird sich solange nichts ändern, bis diese Vorschrift geändert oder gleich ganz abgeschafft wird.

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