Protestaktion

Großblockaden in und um München: Polizist zerrt Klima-Aktivisten von der Autobahn

Isabel Pogner

Online-Redaktion

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5.12.2022, 21:20 Uhr
Aktivisten der "Letzten Generation" haben sich nicht nur am Münchner Stachus festgeklebt, sondern auch auf der Autobahn. Dafür gab es viel Kritik und einen wütenden Polizeieinsatz. 

© Matthias Balk, dpa Aktivisten der "Letzten Generation" haben sich nicht nur am Münchner Stachus festgeklebt, sondern auch auf der Autobahn. Dafür gab es viel Kritik und einen wütenden Polizeieinsatz. 

Mitglieder der Umweltschutzbewegung "Letzte Generation" haben am Montag in und um München mehrere Straßen und Autobahnen blockiert, darunter die A9. Ein Video der Aktion geht viral: Es zeigt, wie ein Polizist einen Umweltschützer von der Autobahn zerrt.

Die Blockaden der Aktivisten haben am Montag für mehrere Großsperrungen in München gesorgt, darunter auch auf der Sonnenstraße am Karlsplatz (Stachus), einer der Hauptverkehrsstraßen. Die Versammlung war angekündigt und genehmigt. Der Verkehr wurde mit Beginn der Versammlung abgeleitet, es kam dabei trotzdem zu Verkehrsbeeinträchtigungen, berichtet das Polizeipräsidium München.

"Entgegen der Vorgaben im Versammlungsbescheid klebten sich neun der Versammlungsteilnehmer mit den Händen an der Fahrbahn fest", heißt es in einer Pressemitteilung des Münchner Polizeipräsidiums. Demnach war der Einsatz am Karlsplatz war gegen 11.15 Uhr beendet. Gegen alle Personen, die sich am Stachus bei der Aktion beteiligt hatten, wird wegen Verstößen nach dem Versammlungsgesetz ermittelt.

Außerdem war die A9 zeitweise in beide Richtungen gesperrt, weil Aktivisten auf eine Anzeigetafel über der Fahrbahn geklettert sind, gleiches gilt für die A96 stadteinwärts. Die Polizei stellte insgesamt sieben Personen fest, die sich Zugang zu den abgesperrten Schilderbrücken verschafft hatten. Teilweise hatten sich die Personen an den Schilderbrücken festgeklebt und Transparente zum Thema Klimaschutz angebracht. Gegen 12.30 Uhr waren die Polizeieinsätze auf den Autobahnen beendet. Insgesamt waren an den Autobahnen und in der Münchner Innenstadt 150 Polizisten im Einsatz.

Der Verkehr auf der A9 wurde zwischen München und dem Kreuz München Nord bis etwa 12:45 Uhr vollständig gesperrt, auf der A 96 wurde der Verkehr stark verlangsamt. Dadurch kam es zu erheblichen Verkehrsbehinderungen.

Gegen die sieben Aktivisten von den Autobahnen wird wegen Hausfriedensbrüchen und teilweise wegen Sachbeschädigung ermittelt. Drei Personen wurden im Anschluss an die kriminalpolizeilichen Maßnahmen wieder entlassen. Bei vier Personen hat das Polizeipräsidium Gewahrsam beantragt, "um die Begehung weiterer Straftaten zu verhindern", heißt es in der Pressemitteilung. Ob das Amtsgericht München dem stattgibt, war am Montag zunächst noch unklar.

Forderung: Mehr Einsatz für die Verkehrswende

Auch in Berlin demonstrierten am Montag Aktivisten auf den Straßen und Autobahnen. Die "Letzte Generation" fordert unter anderem ein Tempolimit von 100 Kilometern pro Stunde und ein Neun-Euro-Bahnticket für ganz Deutschland.

Weitere Aktionen sollen folgen, kündigen die Demonstranten an. Nicht ganz ungefährlich, denn einige von ihnen landeten in Bayern schon vorbeugend im Gefängnis. Das geht manchen Politikern aber nicht weit genug. Sie fordern eine härtere Gangart im Umgang. Dabei ging es in Bayern am Montag bereits ruppig zu: Ein Video, das die "Letzte Generation" auf Twitter teilte, zeigt einen Polizisten, der eine Aktivistin von der Autobahn schubst und schleift. Die Aktivistin ist gerade dabei, ihre Hand auf den Asphalt zu pappen, als ein Streifenwagen angebraust kommt. Ein Polizist springt heraus, packt die Aktivistin hinten an der Jacke und zerrt sie zum Straßenrand. Er befiehlt: "Ab hinter die Leitplanke, ansonsten gibt's was!" Die Aktivistin steht auf und marschiert erneut auf die Autobahn. Der Polizist bugsiert sie zurück und ruft: "Schau, dass du hinter die Leitplanke kommst. Das ist eine polizeiliche Anweisung! Ab!", und pfeffert ihren Rucksack in den Straßengraben.

Auf Twitter bekommt der Polizist viel Zuspruch für seinen beherzten Einsatz. Auf die Autobahnblockade reagieren die Nutzer hingegen eher mit Unverständnis. Die Kritik: Durch die Blockade auf der Autobahn riskieren die Demonstranten ihr eigenes Leben und das der Autofahrer.

Die Kritik an der Protestform der Aktivisten wird lauter. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatte die Demonstranten als "Klima-RAF" bezeichnet. Thomas Haldenwang, Chef des Bundesverfassungsschutzes, beschwichtigt gegenüber der ARD. Aktuell richte sich die Gruppe nicht gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung, denn "das Begehen von Straftaten macht diese Gruppierung nicht extremistisch."

Der Artikel wurde am 5. Dezember um 21.20 Uhr aktualisiert.