Kritik am Gesundheitssystem

„Ich muss zwischendurch nach Luft japsen“: Grünen-Staatssekretärin packt über ihre Krankheit aus

Minh Anh Nguyen

Online-Redaktion

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3.4.2024, 11:32 Uhr
Ekin Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen), Staatssekretärin für Familie und Frauen, spricht während der 158. Sitzung des Bundestages.

© Jonathan Penschek/dpa Ekin Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen), Staatssekretärin für Familie und Frauen, spricht während der 158. Sitzung des Bundestages.

In einem Interview mit dem "Tagesspiegel" hatte Ekin Deligöz erklärt, dass sie an einer sehr seltenen Autoimmunerkrankung leide. Nach einer Covid-19-Infektion soll die Politikerin mit einer unbehandelten Lungenentzündung im Dezember 2023 in die Notaufnahme gebracht worden sein. Sie bekam keine Luft mehr. Die Diagnose: Polymyositis - eine Krankheit, die mit einem Gefühl der Muskelschwäche, Entzündungssymptomen und Schluckstörung einhergeht.

Im Fall einer Erkrankung produziert der Körper zu viele Immunzellen. Dadurch könne ihre Muskeln sich jederzeit entzünden, erklärt die 52-Jährige.

"Meine Lunge ist nur noch eingeschränkt funktionsfähig. Ich muss zwischendurch nach Luft japsen", so die Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Gespräch mit dem "Tagesspiegel". Bereits Treppen werden dadurch zu einer Herausforderung. Es brauche mindestens zwei bis drei Jahre, bis sich die Lunge der Politikerin wieder regeneriert hat. Die Autoimmunerkrankung bleibt aber unheilbar.

Kritik am Gesundheitssystem: Beschwerden wurden nicht ernst genommen

Frustrierend ist, dass der Krankheitsverlauf nicht hätte sein müssen, findet die Politikerin. Im Gespräch mit dem Nachrichtenportal erklärt sie, dass Beschwerden von ihrer Hausarztpraxis nicht ernst genommen wurden. Nach fünf Minuten Termin stand sie bereits mit einer Krankschreibung in der Hand vor der Tür des Sprechzimmers. Woche für Woche das gleiche Prozedere, "obwohl ich genau gemerkt habe, dass etwas mit mir nicht stimmt", sagt Deligöz gegenüber dem "Tagesspiegel". "Damit wurde Gesundheit zur Privatsache. Selbst bei einem Anruf unter akuter Luftnot sei sie auf die Nachmittagssprechstunde vertröstet worden."

Laut Deligöz sei nicht nur sie von unklaren medizinischen Diagnosen betroffen: "Viele Frauen erleben ähnliches. Im privaten Umfeld und im Ministerium kamen in den letzten Wochen einige Leute zu mir und sprachen über ihre Erfahrungen mit Ärzten". Sie wolle mit ihrer Geschichte aus diesem Grund für diese Form von Diskriminierung sensibilisieren, erklärt sie gegenüber dem "Tagesspiegel".

Die Politikerin habe sich oft nicht ernst genommen gefühlt und sagt, dass das auch an ihrem Migrationshintergrund gelegen haben könne: "Ich konnte das selbst nicht glauben, ich lebe seit meinem achten Lebensjahr hier, bin Deutsch sozialisiert, trotzdem werde ich als Frau mit Migrationshintergrund wahrgenommen". Sie führt fort, dass Menschen in der Arbeitswelt gegen Diskriminierung vorgehen können, aber "was im Gesundheitsbereich stattfindet, läuft noch viel mehr unterm Radar."

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