Mehr Flüchtlinge

Innenministerin Faeser beim Bamf in Nürnberg: "Der Druck an den Außengrenzen steigt an"

Lukas Koschyk

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10.10.2022, 18:36 Uhr
Nancy Faeser, Bundesinnenministern von der SPD besuchte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg.

© Wolfgang Kumm/dpa/Archivbild Nancy Faeser, Bundesinnenministern von der SPD besuchte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg.

Nancy Faeser und Hans-Eckhard Sommer verstehen sich. Zumindest vor der Kamera. Sie haben auch keine große Wahl, denn die deutsche Innenministerin und der Präsident des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) müssen eng zusammenarbeiten. Da schaut man über etwaige unterschiedliche parteipolitische Ansichten hinweg. Sommer ist CSU-Mann, als Leiter einer Behörde aber in erster Linie Beamter. Die SPD-Ministerin besuchte nun einen ihrer wichtigsten Mitarbeiter und seine knapp 2700 Beschäftigten am Standort in Nürnberg.

Kommunen an der Belastungsgrenze

Während der gemeinsamen Pressekonferenz präsentierten Faeser und Sommer die aktuellen Zahlen zu Flüchtlingsbewegungen. Die Zahl der Erstanträge auf Asyl hat im Vergleich zu 2021 stark zugenommen. "Der Druck an den Außengrenzen steigt in Sommer und Herbst immer an, aber dieses Jahr hat die Entwicklung eine größere Dynamik, das bereitet mir Sorge", sagt Faeser.

Hierbei sind die ukrainischen Staatsbürger, die in einem gesonderten und beschleunigten Verfahren erfasst werden, nicht mit eingerechnet. Aktuell stellen sie jedoch die größte Gruppe an Menschen, die nach Deutschland kommt.

"Wir haben zusammen mit dem BAMF schon über eine Million Menschen aus der Ukraine in Deutschland aufgenommen, untergebracht und mit einer sofortigen Arbeitsmöglichkeit ausgestattet. Das war ein Kraftakt", bedankt sich Faeser bei der Behörde.

Ein Blick in die Zahlen zeigt: das BAMF hat viel zu tun. Im bisherigen Berichtsjahr wurden 134.908 Erstanträge entgegengenommen, das ist im Vergleichszeitraum zum Vorjahr ein Plus von 34,5 Prozent. Knapp 34.000 mehr Menschen kamen also im Jahr 2022 nach Deutschland als noch 2021.

Doch nicht nur das BAMF kann sich vor Arbeit kaum retten. Die Kommunen und Länder, die die Beschlüsse von Faeser und Sommer meist umsetzen müssen, arbeiten aktuell an ihrer Belastungsgrenze.

Das räumte auch Faeser ein. Sie versprach weitere finanzielle und personelle Mittel, blieb jedoch genaue Zahlen schuldig. In einem Treffen mit kommunalen Spitzenvertretern und den Ländern diese Woche will die Ministerin darüber beraten.

Was sie jedoch zusagte: dass neben den 63.000 schon zur Verfügung gestellten Unterkünften weitere Bundesimmobillien bereit gestellt werden.

Viele Afghanen auf der Flucht

Syrische Staatsbürger stellten - wie schon 2021 - mit 40.781 die meisten Erstanträge. Jedoch blieb die Zahl auf fast gleichem Niveau wie im Jahr 2021.

Ganz anders Afghanistan, das mit 22.705 Erstanträgen ein Plus von 50,9 Prozent verzeichnete und wie im Vorjahr auf dem zweiten Platz liegt. Der Abzug der US-Streitkräfte aus dem Land im Sommer letzten Jahres spielt hierbei eine Rolle.

Unter den Erstanträgen sind auch sogenannte Ortskräfte, also Menschen, die die internationalen Soldaten - darunter auch die Bundeswehr - bei ihrem Einsatz unterstützt hatten. Die Bundesregierung hatte in den vergangenen 15 Monaten mehr als 36.000 Aufnahmen für ehemalige afghanische Ortskräfte und weitere besonders gefährdete Afghaninnen und Afghanen jeweils einschließlich ihrer berechtigten Familienangehörigen zugesagt.

Eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Clara Bünger (Die Linke) an die Bundesregierung hatte zuletzt ergeben, dass mehr als 30 ehemalige Ortskräfte und andere gefährdete Menschen, die noch aus Afghanistan evakuiert werden sollten, inzwischen ums Leben gekommen sind. Das berichtete das ARD-Hauptstadtstudio unter Berufung auf den Spiegel.