Keine Hilfe für Afrika

4.8.2017, 19:39 Uhr

Die deutsche Bundesregierung, insbesondere ihr zuständiger Minister Gerd Müller, ist mächtig stolz auf ihre neue Entwicklungspolitik. Und tatsächlich, dass das Thema Afrika im Zentrum des jüngsten G 20-Gipfels in Hamburg stand, war ein politisches Signal. Das hatte es zuvor so noch nicht gegeben. Auch der von Müller propagierte "Marshallplan mit Afrika" gibt ambitionierte Ziele aus. Vor allem: Die Entwicklungskooperation soll erstmals auf Augenhöhe mit den Ländern praktiziert werden.

So viel der schönen Theorie. Mit der Realität hat das leider nach wie vor nicht viel zu tun. Wenn wir ehrlich miteinander umgehen, müssen wir zugeben, dass nicht die Entwicklung Afrikas das Interesse für den Schwarzen Kontinent entfacht hat. Es war der enorme Zustrom von Flüchtlingen und die Sorge, dass die Fluchtbewegungen noch dramatisch zunehmen könnten.

Das Zauberwort ist: Fluchtursachenbekämpfung. Auch Kanzlerin Merkel wird nicht müde, dies zu betonen. Doch so wie Deutschland und die EU das Problem angehen, kann das Ziel nicht erreicht werden. Im Gegenteil, die Zahlen werden eher zunehmen. Und wir selbst tragen massiv dazu bei.

Libyscher Sündenfall

Es gibt ein zentrales Ereignis, das den Exodus aus Afrika einleitete: der Sturz des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi durch eine militärische Intervention Frankreichs, Großbritanniens und der USA. Der Flüchtlingsdruck war vorher schon groß, doch der Diktator hat für europäische Milliarden Flüchtlinge zurückgehalten. Als er beseitigt war, brachen die Dämme.

Der libysche Sündenfall hatte noch eine fatale Wirkung: Rebellen wie Soldaten plünderten Gaddafis Waffendepots. Sturmgewehre, Granatwerfer und anderes Gerät sind nun in Händen islamistischer Milizen, die ganze Länder terrorisieren, von Mali über Nigeria bis Somalia.

Doch nicht nur Krieg vertreibt die Menschen. Noch schlimmer wirken Not und Perspektivlosigkeit. Auch das hat mit unserer Politik zu tun. Nach wie vor fischen europäische Fangflotten die Gewässer vor Afrikas Küsten leer. Auch wenn die direkten Exportsubventionen abgeschafft wurden, exportieren wir weiter zu Dumpingpreisen Geflügelteile, Milchpulver oder Tomaten auf den Kontinent und zerstören jeden Ansatz, dass sich dort lokale Märkte entwickeln könnten.

Daran ändert auch der Marshallplan nichts. Trotz der noblen Absichtserklärungen setzt der gewiss rechtschaffene CSU-Minister Müller aus dem Allgäu auf die Kooperation mit Großkonzernen. Selbst wenn es gelänge, große Investitionen nach Afrika zu locken, würde das an einem der zentralen Probleme wenig ändern: den fehlenden Arbeitsplätzen. Denn viele Jobs werden so nicht entstehen.

Es fehlt an Glaubwürdigkeit

Überhaupt fehlt es an Glaubwürdigkeit. Wie kann es sein, dass ausgerechnet aus Äthiopien so viele Flüchtlinge nach Europa kommen, wo dies ein deutscher Entwicklungsschwerpunkt ist? Das Wirtschaftswachstum, das dort entstanden ist, wird erkauft durch brutale Umsiedlung ganzer Dörfer und gnadenlose Unterdrückung von Protest. Die Bundesregierung duldet das.

Die alte Entwicklungspolitik ist gescheitert. Selbst die Weltbank stellte vor Jahren fest, dass 85 Prozent der Gelder veruntreut werden. Afrikanische Experten kritisieren schon lange, dass dadurch vor allem korrupte Regierungen gestärkt werden. Sie fordern immer vehementer ein Ende der Entwicklungspolitik, wie wir sie kennen.

Nachhaltige Förderung sieht anders aus. Statt Projekte zu finanzieren, wären Mikrokredite vor allem für Frauen viel wirksamer. Arbeitsplätze könnten entstehen, wenn endlich handwerkliche Ausbildung betrieben würde, damit kleine Geschäfte entstehen. Ideen gäbe es genug. Doch all das erforderte einen langen Atem. Die Bereitschaft dazu ist nicht erkennbar.

 

 

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