Kinderchor: WDR geht Rechtspopulisten in die Falle

29.12.2019, 14:54 Uhr
Kinderchor: WDR geht Rechtspopulisten in die Falle

© Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa

Die Aufregung um den WDR-Kinderchor ist ein gutes Beispiel dafür, wie geschickt es Rechtspopulisten inzwischen verstehen, die öffentliche Debatte in ihrem Sinne zu lenken. Der Mechanismus, dessen sie sich bedienen, ist stets derselbe: Es beginnt mit einer scheinbaren Nichtigkeit wie in diesem Fall dem Auftritt eines Kinderchors, für den sich sonst wohl kaum jemand interessiert hätte. Diesen greifen einzelne Nutzer der sozialen Netzwerke auf und schmücken ihn mit Worten der Empörung aus - wie mit dem Satz, der "Staatsfunk" fache einen "Generationenkrieg" an.


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Über rechte Influencer landet das Thema schließlich in einer größeren Öffentlichkeit. Spätestens dann erblicken auch etablierte Politiker - auch solche, die des Rechtspopulismus unverdächtig sind - die Chance, etwas von der Aufmerksamkeit abzubekommen – und geben auch noch ihre Meinung dazu. Fazit: das Wunschthema ist erfolgreich platziert.

Peinliche Abbitte des WDR

Dieser Mechanismus funktionierte mit dem Kinderchor ebenso wie mit anderen vermeintlichen Aufregern wie der angeblichen Umbenennung von Weihnachtsmärkten, um Muslime nicht zu vergrätzen.


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Was den aktuellen Fall aber noch schlimmer macht, ist die Reaktion des WDR. Erst löscht der Sender das Video, dann leistet sogar Intendant Buhrow vom Krankenhausbett seines Vaters Abbitte. Ja, man darf das Lied unmöglich finden. In einem Land mit Meinungsfreiheit sollte man es aber aushalten können. Sonst haben all jene gewonnen, die von dieser – und anderen – Freiheiten wenig halten. 

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