Kommentar: Die drohende Wöhrl-Pleite ist eine Chance
07.09.2016, 06:00 Uhr
Insolvenz: Das ist das Wort, das Firmenchefs am meisten fürchten. Weil es Kunden verschreckt und Lieferanten in helle Aufregung versetzt. Deshalb lieben die Kommunikatoren von in Schieflage geratenen Unternehmen auch das Wort "Schutzschirm". Weil es Sicherheit vermittelt und suggeriert: Im Regen stehen gelassen wird hier keiner.
Aber nennen wir es beim Namen: Besagtes wohlklingendes Schutzschirmverfahren, das aus dem 2012 ins Leben gerufenen "Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen", kurz Esug, hervorging, ist nur eine Spielart des Insolvenzrechts. Also ja: Die Modehaus-Kette Wöhrl befindet sich im Insolvenzverfahren.
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Sorge ist angebracht, keine Frage. Bei den Mitarbeitern, von denen nach heutigem Stand viele ihren Arbeitsplatz verlieren werden, bei den Anleihe-Eignern, für die mehr als ungewiss ist, was sie von ihrem investierten Geld wiedersehen werden.
Trotz aller berechtigten Ängste darf jedoch nicht aus den Augen gelassen werden, dass der Schutzschirm tatsächlich eine Chance bietet. Denn statt sich zu Tode zu warten, wie es viele Unternehmer aus Stolz oder schlichter Leugnung der Tatsachen noch heute tun, blickt die Unternehmensspitze von Wöhrl der Realität ins Auge. Die ist nicht schön: Der Online-Handel gräbt der Gruppe zunehmend das Wasser ab, auch der Zusammenschluss mit SinnLeffers hat nicht den erhofften Befreiungsschlag gebracht.
Dank der noch bestehenden Zahlungsfähigkeit kann das Traditionsunternehmen einen Vorteil nutzen, den das Esug bietet: versuchen, sich in Eigenregie zu sanieren. Vor allem für die Mitarbeiter bleibt zu hoffen, dass Wöhrl diese Chance nutzt.
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