Kommentar: Freie Wähler kommen mit Alternativen zur Lockdown-Politik nicht weiter

23.3.2021, 20:45 Uhr
Die "Abteilung Euphorie" (Ministerpräsident Markus Söder über Hubert Aiwanger) hat es besonders schwer. 

© via www.imago-images.de Die "Abteilung Euphorie" (Ministerpräsident Markus Söder über Hubert Aiwanger) hat es besonders schwer. 

Bayerns Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) brachte es auf den Punkt: Das "Prinzip Hoffnung" wird wieder einmal verschoben - jetzt auf die Zeit nach den Osterferien. Wieder einmal musste sich der Wirtschaftsminister der Kabinettsdisziplin fügen die Verlängerung und Vertiefung des Corona-Lockdowns über die Osterfeiertage mittragen. Mal sehen, wie sich der Freie Wähler-Chef in den nächsten Tagen und Wochen außerhalb des Kabinetts äußert.

Bei den Freien Wählern interpretiert man die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz so, dass man sich ab dem 12. April vom Inzidenzwert als dem Maß aller Pandemie-Dinge Schritt um Schritt verabschieden kann, also als einen gewissen Erfolg. "Freitesten" lautet das Zauberwort.

Darauf hätte man schon früher kommen können (und einige sind auch schon früher darauf gekommen), aber genügend Schnelltests waren halt wieder mal nicht verfügbar. Und wie man die daraus gewonnenen Testergebnisse administrierbar macht, so dass sie die nötige Rechtswirksamkeit entfalten, daran wird auch noch gebastelt. Kurzum: Man sollte die Erwartungen niedrig halten. Auch das sind wir ja im Lande der langsam mahlenden Mühlen schon gewöhnt.

Die "Abteilung Euphorie" (Ministerpräsident Markus Söder über Aiwanger) hat es besonders schwer. Immer weiter hinaus geschoben werden die so sehnlichst gewünschten "Öffnungsperspektiven" für Handel, Gastronomie, Kunst und Sport. Immer aggressiver wird die Stimmung unter den Interessenverbänden. Grundtenor: Der Politik falle nichts weiter ein, als den Lockdown zu verwalten und die Menschen einzusperren. Und auch in der "Schulfamilie" knirscht es ganz unfamiliär: Lehrerverbände wollen durch die Drohung mit Arbeitsverweigerung eine Änderung der Impfreihenfolge erzwingen.

Vielleicht war es doch nicht nur den Umständen geschuldet, dass die CSU das so wichtige Schul-Ressort bei der Koalitionsbildung den Freien Wählern überlassen hat. Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) hat derzeit einen der am wenigsten vergnügungssteuerpflichtigen Jobs in der Söder-Regierung. Auch seine Vorgänger machten die Erfahrung, dass man es in diesem Amt nur falsch machen kann.

Die explosive Stimmung in Handel und Beherbergungswirtschaft entlädt sich unterdessen vor allem in Richtung von Wirtschaftsminister Aiwanger. Der sieht sich genötigt, seiner Leib-und-Magen-Klientel des Öfteren einmal nach dem Munde zu reden - meistens ohne die Versprechen einlösen zu können. Das untergräbt auf Dauer das Ansehen. Vielleicht sollte Aiwanger sich mehr auf die Rhetorik von Regierungschef Markus Söder verlegen: "Es hilft nichts, ständig zu jammern und wehzuklagen". Auch wieder so eine Wahrheit, die keiner hören will.

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