Epidemische Lage endet

Kommentar: Kein kompletter Freedom Day? Ein guter Kompromiss

27.10.2021, 13:35 Uhr
Ein Blick auf das Corona-Dashboard des Robert Koch-Instituts.

© Rüdiger Wölk via www.imago-images.de, imago images/Rüdiger Wölk Ein Blick auf das Corona-Dashboard des Robert Koch-Instituts.

Noch gibt es sie gar nicht, die Ampel-Regierung. Aber die sie tragenden Parteien SPD, Grüne und FDP haben schon eine wichtige Entscheidung getroffen: Die bundesweite epidemische Lage wird zum 25. November enden. Damit fällt eine der umstrittensten Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie weg. Die Befürworter eines allumfassenden "Freedom Day", also eines "Freiheitstages", haben sich trotzdem nicht durchgesetzt.

Die drei Parteien, die gemeinsam über eine Parlamentsmehrheit verfügen, haben sich für eine Zwischenlösung entschieden. Sie verzichten auf die bisherigen scharfen Durchgriffsmöglichkeiten, die dann auch zwingend in der gesamten Bundesrepublik umgesetzt werden müssen. Sie schaffen aber eine Übergangsfrist bis zum Frühlingsbeginn (20. März), innerhalb derer ein Teil der Maßnahmen noch bestehen wird.

Viele Freunde dürfte sich die Ampel damit nicht machen, wird sie doch wie bei allen Corona-Debatten zerrieben zwischen zwei lautstarken Gruppen: jenen, die jetzt sofort einen vollständigen Freedom Day möchten, und jenen, die immer wieder als "Team Vorsicht" bezeichnet werden. Letztere halten es für viel zu riskant, so schnell Regeln aufzugeben, die sich ihrer Meinung nach bewährt haben.

Beide Seiten haben Recht

Die große Masse der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger nimmt jedoch Argumente beider Seiten zur Kenntnis und hält sie in Teilen für richtig. Es war seit jeher ein wenig unheimlich, wenn man sich vorstellte, dass die Ausnahmebestimmungen der epidemischen Lage immer wieder verlängert wurden. Damit hatten durchaus auch einige renommierte Verfassungsrechtler ihre Probleme.

Es war aber mindestens genauso unheimlich, wenn man sich vorstellte, dass da von dem hohen Regelungsniveau plötzlich alles auf den Nullpunkt gestellt werden könnte. Wir gehen jetzt der kalten Jahreszeit entgegen, in der die Infektionszahlen wieder steigen werden. Dazu passt es so gar nicht, auf jegliche staatliche Durchgriffsmöglichkeiten zu verzichten.

Es war also richtig, dass sich die Ampel-Parteien für ein formelles Ende der epidemischen Lage entschieden haben. Nun gehen die Kompetenzen wieder dahin zurück, wo sie besser aufgehoben sind - zu den Landesparlamenten und -regierungen. Diese können sehr viel flexibler auf regionale Besonderheiten eingehen, als das über eine bundesweite Regelung möglich ist.

Parlamentsrechte stärken

Sehr erfreulich ist es, dass die Vertreter der mutmaßlich nächsten Regierung betont haben, die Parlamentsrechte würden im Zusammenhang mit der weiteren Pandemiebekämpfung gestärkt. Es war nämlich ein Schwachpunkt der bisherigen Politik und ein wesentlicher Grund für das Misstrauen vieler Menschen gewesen, dass immer der Eindruck entstand, die Parlamente seien nur zum Abnicken bereits vorher andernorts beschlossener Regelungen da.

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