Kommentar: Warum das Sterbehilfe-Urteil richtig war

26.2.2020, 16:03 Uhr

Es gibt ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Das schließt auch die Freiheit ein, dafür Angebote von Dritten, die sich damit auskennen, in Anspruch zu nehmen. So hat es das Bundesverfassungsgericht entschieden. Dass Schwerkranke bislang selbst auf ausdrücklichen Wunsch keine Möglichkeit hatten, mit ärztlicher Hilfe ein würdiges Ende zu bekommen, dieser unzumutbare Zustand ist damit endlich beendet.


Kommentar: Warum das Sterbehilfe-Urteil falsch war


Natürlich schafft es die Palliativmedizin mittlerweile bei Patienten, Schmerzen zu lindern und das Leiden so niedrig wie möglich zu gestalten. Leiden ist aber längst nicht nur körperlich. Manche Menschen wollen es gar nicht erst soweit kommen lassen; diesen Wunsch muss der Staat nicht nur respektieren, sondern ihn auch ermöglichen. Zudem: Manchen Menschen kann genau das erst richtig Kraft geben: Das Wissen, dass wenn alle Maßnahmen fehlschlagen und das Leiden zu groß wird, ein würdevoller, selbstbestimmter Tod möglich ist.


Verbot von geschäftsmäßiger Sterbehilfe ist verfassungswidrig


Das Argument, dass eine Öffnung der restriktiven Gesetzeslage, zu einer Zunahme der Suizide führen würde, hat sich anderswo übrigens nicht bestätigt: Im US-Staat Oregon gibt es seit 1998 ein Gesetz namens "Oregon Death With Dignity Act" – ein Gesetz zum Tod in Würde. Das sieht vor: Wer volljährig und urteilsfähig ist und an einer unheilbaren Erkrankung leidet, die von zwei Ärzten bescheinigt wird, kann ein tödlich wirkendes Medikament verschrieben bekommen. Die Gesundheitsbehörde kontrolliert die strikte Einhaltung. Die Bilanz: Über die 20 Jahre hinweg machten durchschnittlich pro Jahr (nur) zwei Schwerkranke von der Möglichkeit Gebrauch.

Wohlgemerkt: Es geht hier nicht um "aktive Sterbehilfe", bei der Ärzte selbst eingreifen und nach eigenem Ermessen Kranke sterben lassen. Das ist strafbar und muss es auch bleiben. Und natürlich müssen wir in unserer auf Funktionieren getrimmten Gesellschaft aufpassen, dass Menschen nicht den Tod wählen, um beispielsweise Angehörigen nicht mehr zur Last zu fallen. Suizidhilfe braucht Kontrolle und Regeln. Die Freiheit des Individuums über seinen Tod selbst zu entscheiden, die darf aber nicht in der Entscheidungsmacht des Staates liegen.

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