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Kommunalwahl: Wenn nur noch die Elite wählt

15.3.2014, 06:28 Uhr
Gleichgültigkeit? Verdrossenheit? Die Wahlbeteiligung sinkt nahezu jedes Jahr.

© Michael Kappeler Gleichgültigkeit? Verdrossenheit? Die Wahlbeteiligung sinkt nahezu jedes Jahr.

Wer nicht zur Bundestags- oder Landtagswahl geht, begründet dies gerne damit, dass „die da oben“ ohnehin machen, was sie wollen, dass man alle Politiker in einen Sack stecken und draufschlagen könne, man treffe nie den falschen – und überhaupt war eben das Wetter zu gut oder zu schlecht, um den Weg zur Wahlurne zu finden oder die Briefwahlunterlagen abzuschicken.

Abgesehen davon, dass keines dieser Argumente stichhaltig ist, ist selbst bei jenen Wahlen, die das persönliche Umfeld jedes Bürgers so unmittelbar beeinflussen wie keine der anderen, ein tendenziell sinkendes Interesse festzustellen. Vor sechs Jahren, als in Bayern die Stadt- und Kreisräte, die Bürgermeister und Landräte letztmals gewählt wurden, lag die Wahlbeteiligung in der Städteachse Nürnberg zwischen 49 und 52 Prozent. Anders gesagt: Die Hälfte der wahlberechtigten Bürger in der Stadt Nürnberg ging nicht zur Kommunalwahl.

Man muss unterstellen: Von den 368 110 Wahlberechtigten in der Stadt war es damals 183 702 egal, ob der Oberbürgermeister weiter Ulrich Maly (SPD) heißen sollte oder Klemens Gsell (CSU); und wer im Stadtrat das Sagen haben sollte, hat diese Bürger auch nicht interessiert. Leider, so darf wohl schon heute prognostiziert werden, wird sich daran am Sonntag bei den Kommunalwahlen nicht viel ändern. Es wäre wohl schon so etwas wie ein Erfolg, wenn die Wahlbeteiligung nicht noch weiter sinkt.

Dass die Hälfte der Wahlberechtigten einer Stadt nicht mehr zur Wahl geht, zeigt, dass sich ganze Schichten und Milieus aus der gesellschaftlichen Mitbestimmung und Fortentwicklung in Nürnberg verabschiedet haben. Längst geht es dabei nicht mehr nur um vermeintliche Randgruppen, Migranten oder sozial Schwache; selbst unter jenen, die sich zur Mitte zählen, verweigert ein immer größer werdender Teil die Möglichkeit, an der Demokratie mitzuwirken. Für diese Bürger ist offenbar nur noch das ureigene persönliche Lebensumfeld wichtig; wer zur Wahl antritt, für was die Kandidaten stehen und für was nicht, wissen sie nicht mehr. Oft ist zu hören, es reiche zu wissen, „was im Internet steht“; doch leicht unterliegt man so einer selektiven, nur den eigenen Interessen folgenden Wahrnehmung. Eine Stadt wie Nürnberg aber ist, wie jede andere auch, mehr als die Summe aller Einzelinteressen.

Als Wähler übrig bleiben bei dieser Tendenz die gesellschaftlichen Eliten. Wer am Sonntag nicht zur Wahl geht, fördert letztlich nur den Zustand, der beklagt wird: dass „die da oben“ machen, was sie wollen.

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