Lebenslang für einen fast perfekten Mord

23.3.2010, 00:00 Uhr
Lebenslang für einen fast perfekten Mord

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Die Türen des Gerichtssaals stehen sperrangelweit offen, noch im Flur drängeln sich Zuhörer und lauschen dem Spruch der Richter. Kurz vorher hat sich das Publikum Platz verschafft, eine Tür des Saals kurzerhand ausgehängt. Doch der Würde des Gerichts ist dies nicht dienlich, die Wachtmeister schreiten ein, die offenen Türen sind ein Kompromiss: Schließlich kann, wer im Namen des Volkes urteilt, das Volk nicht einfach aussperren.

Der Bestatter-Prozess war wochenlang Besucher-Magnet im Justizpalast. Dutzende Zuschauer hörten zu, als Friedrich P. (54) seelenruhig schilderte, wie er am Ostersamstag 2007 mit einem acht mal acht Zentimeter starken Kantholz dem Kollegen Erich W. den Schädel einschlug.

Mildere Strafe für Kronzeugen

Nach seinem Geständnis bat Friedrich P. die Familie des Opfers um Verzeihung. Der Prozess muss für sie schwer zu ertragen gewesen sein.

Und Michael S., der Angeklagte, der Friedrich P. zu der Tat angestiftet hatte, machte es den Hinterbliebenen noch schwerer. Es gebe keinen Mord, behauptete er, Erich W. habe sich ins Ausland abgesetzt.

Doch die Richter des Landgerichts Nürnberg-Fürth halten das Geständnis des Friedrich P. für glaubwürdig, den Angeklagten Michael S. nennt Richter Caspar einen »durchtriebenen Betrüger», der dem Geschäftsmann Erich W. erst seine Firma, dann das Leben nahm. Friedrich P. gilt als von S. abhängiger Handlanger. Weil erst sein Geständnis half, diesen »fast perfekten Mord» aufzuklären, profitiert er von der Kronzeugenregelung. Statt der üblichen, lebenslangen Strafe für Mord muss er nur 13 Jahre in Haft. Davor war er ein unbescholtener Bürger. Ganz anders dagegen Michael S.: Er steht seit 1978 regelmäßig vor dem Richter, saß als Heiratsschwindler und Betrüger bereits acht Jahre ab. Auch als er Ende der neunziger Jahre Friedrich P. kennenlernte, kam er gerade aus dem Gefängnis. P. kämpfte zu dieser Zeit mit einer wirtschaftlichen Schieflage und ging Michael S., »einem Märchenerzähler hoch drei» (Richter Caspar) prompt auf den Leim. Beide schmiedeten große Pläne. Am Ende nahm Michael S. seinen Kollege aus wie eine Weihnachtsgans.

See-Bestattung auf Hawaii

P. verlor alles - und an Ostern 2007 erschlug er auf bloßes Kopfnicken von Michael S. hin seinen Kollegen Erich W. Hintergrund war ein Streit ums Geld. Erich W. hatte dem Kollegen Michael S. sein Beerdigungsinstitut verkauft - doch nie einen Cent dafür gesehen. Er hatte sich zunächst mit irrwitzigen Versprechungen auf Dollar-Millionen von Michael S. abspeisen lassen. Doch als Erich W. sein Unternehmen zurückforderte, soll S. gesagt haben: »Der muss weg!»

Zwei Tage nach der Tat sollte ein Rentner eingeäschert werden, unter dessen Namen ließ das Duo in einem zweiten Krematorium auch Erich W. verbrennen. Damit der Coup nicht aufflog, nahmen die Angeklagten die Urne mit und behaupteten, die sterblichen Überreste würden auf Hawaii zur See bestattet. Die Asche des Erich W. streuten sie in die Regnitz.

Nach dem Urteil drängt sich Michael S. ins grelle Licht der Fotografen und Kamera-Teams und will Interviews geben - doch die Wachleute führen ihn in seine Zelle. Erleichterung auch in Erlangen. Im heutigen Beerdigungsinstitut sind die Kamera-Teams endlich weg und die neuen Besitzer wollen nur eines: »Ruhig und diskret arbeiten.»