Leitungswasser contra Mineralwasser: Der Faktencheck

15.8.2019, 17:10 Uhr
Umweltministerin Svenja Schulze plädiert zum Leitungswasser trinken, ein lokaler Unternehmer hält dagegen.

© Pixabay/Montage: Schmid Umweltministerin Svenja Schulze plädiert zum Leitungswasser trinken, ein lokaler Unternehmer hält dagegen.

Die Frage, ob das Wasser lieber aus der Leitung oder aus der Flasche kommen sollte, wird in der deutschen Medienlandschaft immer mal wieder aufgeworfen. Jetzt macht Umweltministern Svenja Schulze (SPD) mit ihrem Vorstoß von sich reden, mehr Leitungswasser zu trinken. Das Wasser aus dem Hahn sei in Deutschland "einwandfrei", sagte sie. "Wer Leitungswasser trinkt, spart Geld, Energie und unnötige Verpackungen." Zusätzlich gilt das Leitungswasser hierzulande als das am strengsten kontrollierte Lebensmittel.

Für diese Aussage erntet sie aber nicht nur Zuspruch. Einer ihrer Kritiker ist Franz Ehrnsperger, ehemals Chef der Firma Lammsbräu mit Sitz in Neumarkt. Die Firma vertreibt unter anderem Bio-Mineralwasser, das vom Unternehmen als besonders rein beschrieben wird. Ehrnsperger hatte während eines Interviews sogar indirekt davon abgeraten, Leitungswasser zu trinken. Zu stark sei das Wasser chemisch behandelt, um es trinkbar zu machen, zu hoch seien teils die Belastungen, etwa durch Nitrat oder Pestizide.

Das sind Aussagen, die sich wenigstens mit von der Stiftung Warentest veröffentlichten Studien über die Qualität von Trink- und stillem Mineralwasser in Deutschland nicht decken. Das Forschungsinstitut hatte an 20 verschiedenen Orten in Deutschland, die besonderen Risiken ausgesetzt sind, Proben aus der Leitung überprüft. Darunter sind die fünf bevölkerungsreichsten Städte, nämlich Berlin, Hamburg, München, Köln und Frankfurt sowie Regionen mit intensiver Landwirtschaft oder durch natürliche Stoffe belastete Böden. Beim Mineralwasser wurden 32 verschiedene Anbieter auf Grenzüberschreitungen und verbotene Stoffe getestet.

Wo kommt das Leitungs- und Mineralwasser überhaupt her?

Trinkwasser wird zum größten Teil über Brunnen aus dem Grundwasser, Seen, Flüssen und geschützten Talsperren gefördert. Daraufhin wird es von Wasserwerken gefiltert, wenn nötig desinfiziert und anschließend in das Wasserversorgungssystem eingespeist. Das Leitungswasser unterliegt dabei in Deutschland der Trinkwasserverordnung, welche strenge Richtlinien für die Menge an potentiell gesundheitsgefährdenden Stoffen vorschreibt.

Mineralwasser hingegen wird aus tiefen, geschützten Quellen gewonnen und muss nur selten aufbereitet werden, dennoch muss jede Quelle amtlich anerkannt sein. Im Gegensatz zum Leitungswasser unterliegen Mineralwässer der Mineral- und Tafelwasserverordnung, die grundsätzlich weniger streng reglementiert ist als ihr Pendant beim Leitungswasser. Geschmacklich unterscheiden sich Mineralwasser meist nicht von Trinkwasser aus dem Hahn.

In Wasserwerken wie diesem wird das Trinkwasser für den Hahn aufbereitet.

In Wasserwerken wie diesem wird das Trinkwasser für den Hahn aufbereitet. © Hartmut Täufer

Wie gut ist unser Leitungswasser?

Tatsächlich fanden sich während der Studie von Stiftung Warentest Spuren kritischer Stoffe, wie Medikamentenrückstände in Städten oder erhöhte Pestizidwerte in landwirtschaftlich geprägten Regionen. Insgesamt geben die Warentester aber Entwarnung: "Das Ergebnis beruhigt", heißt es im Bericht. "Kein Wasser ist gesundheitlich bedenklich." In keiner einzigen Probe Leitungswasser aus den 20 Prüfstellen fanden die Tester Stoffe in Mengen, die für den Menschen gesundheitsgefährdend sind. Geprüft wurde auf 126 Verunreinigungen. Alle Wässer hielten die strengen Vorgaben der Trinkwasserverordnung ein.

Dennoch kann es sein, dass sich im Wasser Keime bilden, wenn es etwa länger in der Leitung steht. Deshalb wird von Experten allgemein hin empfohlen, den Hahn erst ein paar Sekunden laufen zu lassen, bevor man trinkt. Auch durch Blei- oder Kupferrohre verunreinigtes Wasser kann ein Problem darstellen. Diese gibt es beispielsweise noch in unsanierten Altbauten. Wer den Verdacht auf Verunreinigung des Trinkwassers hat, kann eine Probe testen lassen, etwa beim Gesundheitsamt. Sind die Rohre Schuld, ist der Vermieter dazu verpflichtet, sich darum zu kümmern.

Wie schneidet das Mineralwasser im Vergleich ab?

Hier sehen die Werte anders aus. Das Ergebnis: Nicht einmal jedes zweite getestete Wasser ist gut. Damit schneiden die stillen Mineralwässer erkennbar schlechter ab als Varianten in medium oder classic. Das liegt vor allem daran, dass durch die fehlende Kohlensäure das Wachstum von Keimen nicht gehemmt wird.

Von den 32 getesteten stillen Mineralwässern ist laut der Studie die Hälfte "mit Keimen oder nennenswert mit kritischen Stoffen belastet oder mit Spuren aus Landwirtschaft und Industrie verunreinigt". Davon sind auch vermeintliche Premiumprodukte nicht gefeit.

Ein Beispiel wäre das Wasser der Marke Volvic. Obwohl auf dem Etikett zu lesen ist, dass das Volvic-Wasser für Babynahrung geeignet sei, ist laut Stiftung Warentest der Gehalt an Vanadium erhöht. Der Stoff kommt in Vulkanböden vor und steht unter dem Verdacht, krebserregend zu sein. Vanadium wird zwar nicht von der Trinkwasserverordnung reglementiert, dennoch rät Stiftung Warentest davon ab, das Wasser für Babys zu verwenden. Eingestuft wurde das Premium-Wasser beim Punkt "Kritische Stoffe" deshalb lediglich mit "ausreichend" (4,0), bei einer Gesamtnote von 3,4 (befriedigend).

Die besten Wässer sind hingegen ausnahmslos die Günstigen:So schnitten die Produkte der Eigenmarken von Edeka (1,8), Aldi Nord und Rewe (jeweils 1,9) am Besten ab.

Wie sieht es mit dem Preisunterschied aus?

Hier kommt das Mineralwasser nur schwer gegen seinen Gegenspieler aus dem Hahn an. Selbst die günstigsten Mineralwässer kosten rund 13 Cent pro Liter. Allerdings sind diese hauptsächlich im Norden und Osten Deutschlands im Angebot. Deutlich günstiger ist das Wasser aus der Leitung - mit durchschnittlich 0,2 Cent pro Liter. Für einen Euro bekommt man also im Schnitt ganze 500 Liter Wasser.

Fazit

Trinkwasser ist das am strengsten kontrollierte Lebensmittel in Deutschland und kann ohne Einschränkungen getrunken werden. Besonders hierzulande werden die Grenzwerte überall eingehalten, zudem ist Leitungswasser die eindeutig günstigere Variante. Die Welt der stillen Mineralwasser ist hingegen nicht so rosig, wie man es aufgrund der bunten Etiketten voller Gletscher und sonstiger Naturbilder glauben mag. Oft sind sie aufgrund der fehlenden Kohlensäure verkeimt, die Tester empfehlen deshalb, sein Wasser aus der Leitung zu holen. Es sei ebenso gut und günstiger als stilles Wasser aus der Flasche.

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