Linke liegt in Thüringen vorne - AfD wird zweitstärkste Kraft

27.10.2019, 19:13 Uhr
Jubeln über das Ergebnis in Erfurt: Unterstützer der Linken auf der Wahlparty rund um Parteivorsitzende Katja Kipping.

© Jan Woitas, dpa Jubeln über das Ergebnis in Erfurt: Unterstützer der Linken auf der Wahlparty rund um Parteivorsitzende Katja Kipping.

Die Linke von Ministerpräsident Bodo Ramelow hat die Landtagswahl in Thüringen gewonnen - und ist erstmals in einem Bundesland stärkste Kraft. Der bisherigen Koalition aus Linke, SPD und Grünen drohte ersten Prognosen zufolge aber der Verlust ihrer Mehrheit. Die CDU, die zuvor seit 1990 stets die meisten Stimmen bekommen hatte, büßte am Sonntag massiv ein. Sie lag nach den ersten Zahlen knapp hinter der AfD auf Platz drei. Die Suche nach einer neuen Koalition dürfte äußerst schwierig werden, möglicherweise könnte es sogar eine Minderheitsregierung geben.

Wahlbeteiligung deutlich gestiegen

Nach den Hochrechnungen von ARD und ZDF kam die Linke auf 29,6 bis 29,7 Prozent (2014: 28,2). Die CDU von Spitzenkandidat Mike Mohring sackte auf 22,2 bis 22,6 Prozent (2014: 33,5 Prozent). Die AfD, die in Thüringen vom Wortführer des rechtsnationalen Flügels, Björn Höcke, geprägt wird, schoss von 10,6 auf 23,6 bis 23,8 Prozent nach oben. Die SPD sackte weiter ab: auf den neuen Tiefstand von 8,3 bis 8,6 Prozent (12,4). Die Grünen lagen bei 5,4 Prozent (5,7) und mussten um den Wiedereinzug in den Landtag bangen. Die FDP kam auf 5,0 bis 5,2 Prozent und lag damit ebenfalls dicht an der Fünf-Prozent-Hürde. Die Wahlbeteiligung stieg deutlich auf rund 66 Prozent (2014: 52,7).


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Ramelow sagte am Abend: "Ich sehe mich ganz klar bestätigt. Bei dem Zustimmungswert, den meine Partei bekommen hat, ist der Regierungsauftrag klar bei meiner Partei. Und ich werde diesen Auftrag auch annehmen."

Laut den Hochrechnungen dürfte der neue Landtag 88 Sitze haben. Nach den Hochrechnungen von ARD und ZDF kommt die Linke auf 27 Sitze, die CDU auf 21, AfD auf 22. Die SPD könnte 8 Abgeordnete in den Landtag entsenden, Grüne und FDP lägen bei jeweils 5 Mandaten.

Linke und CDU hatten Zusammenarbeit ausgeschlossen

Rein rechnerisch wäre demnach eine Koalition aus Linke, SPD, Grünen und FDP möglich. Sie erreichte genau die erforderliche Mehrheit von 45 Sitzen. Rot-Rot-Grün verpasste die Mehrheit mit 40 Sitzen deutlich. Ebenfalls rechnerisch eine Mehrheit hätten Linke und CDU. CDU-Spitzenkandidat Mohring hatte vor der Wahl eine Zusammenarbeit sowohl mit der AfD als auch mit der Linkspartei aber ausgeschlossen. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak bekräftigte am Sonntagabend: "Unser Wort gilt nach den Wahlen genau wie wir es vor den Wahlen gesagt haben."

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Thüringen wird seit 2014 als einziges Bundesland von einem Ministerpräsidenten der Linkspartei regiert. Nach der Wahl vom September 2014 trat Ramelow am 5. Dezember sein Amt als Chef der Landesregierung an. Vor ihm hatten vier CDU-Politiker Thüringen regiert. Im Erfurter Landtag hatte die rot-rot-grüne Regierung nur eine knappe Mehrheit von 46 der 91 Stimmen. Die Oppositionsparteien CDU und AfD brachten es 2014 zusammen auf 45 Sitze. Bis 2014 wurde Thüringen ununterbrochen von der CDU regiert. 1999 erreichte die Partei mit 51,0 Prozent ihr bestes Ergebnis, 2009 mit 31,2 Prozent ihr bisher schlechtestes.

Die Landtagswahl in Thüringen beendet das Wahljahr 2019, in dem es insgesamt vier Landtagswahlen - darunter drei in Ostdeutschland - sowie die Europawahl gab.

Nun droht Thüringen eine Hängepartie wegen einer schwierigen Regierungsbildung. CDU-Spitzenkandidat Mohring hatte vor der Wahl eine Zusammenarbeit sowohl mit der AfD als auch mit der Linkspartei ausgeschlossen. Es gibt keine Frist, wann eine Regierung stehen muss. Der Ministerpräsident bleibt so lange geschäftsführend im Amt, bis ein neuer gewählt ist.

Zur Wahl zugelassen waren 18 Parteien. Um die Mandate bewarben sich 399 Listenkandidaten, darunter 113 Frauen.

Der Live-Ticker zur Wahl zum Nachlesen:

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