Löchriges Mobilfunknetz: "Politiker lehnen sich zurück"

19.11.2019, 05:52 Uhr
Auf der Suche nach einem stabilen Handynetz: Nicht nur für Bahnreisende sind die zahlreichen Funklöcher im Land immer noch ein großes Ärgernis. Viele Kommunen fühlen sich alleingelassen.

© Paul Götz Auf der Suche nach einem stabilen Handynetz: Nicht nur für Bahnreisende sind die zahlreichen Funklöcher im Land immer noch ein großes Ärgernis. Viele Kommunen fühlen sich alleingelassen.

Eine Woche Urlaub auf Teneriffa, erzählt der Happurger Bürgermeister Bernd Bogner, hat er sich in diesem Jahr gemeinsam mit seiner Frau gegönnt. Und auf der Afrika vorgelagerten Kanarischen Insel durfte er nicht nur Sonne und Meer genießen, sondern auch den Luxus eines flächendeckenden Mobilfunknetzes und eines flächendeckenden freien Internets. "Bei uns unvorstellbar", meint Bogner.


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Bei so ziemlich jeder Bürgerversammlung, die das Gemeindeoberhaupt in einem der 14 Happurger Ortsteile erlebt, sind die ärgerlichen "Funklöcher" Thema. Vor einem Jahr, als unsere Zeitung die Leserinnen und Leser aufforderte, Gegenden ohne Mobilfunknetz zu melden, kam eine der vielen Klagen aus dem Happurger Ortsteil Thalheim. In zwei Kilometern Umgebung gebe es "keinerlei Empfang – egal welches Netz; es geht gar nix", hieß es da. Und Thalheim war am Ende nur einer von unzähligen blinden Flecken auf der regionalen Funkloch-Landkarte.

Hotspot am Feuerwehrhaus

Viel hat sich unter dem Strich nicht verbessert an der Situation im zu Ende gehenden Jahr. Auch wenn man sich in Happurg und anderswo durchaus Mühe gegeben hat: Wer in Thalheim mit dem Handy telefonieren will, kann das jetzt immerhin vor dem Feuerwehrhaus in der Ortsmitte tun. Bogner: "Wir haben dort einen Hotspot eingerichtet."

Ansonsten, erzählt der Bürgermeister in ruhigem Ton, seien die Mobilfunkanbieter in der Gemeinde seit einiger Zeit unterwegs, um Standorte für zusätzliche Funkmasten zu suchen. "Einige Angebote gibt es schon, aber so einfach ist das Ganze nicht." Erstens muss eine vernünftige Zufahrt gesichert sein, und außerdem muss es einen Stromanschluss geben.

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Und je länger man mit dem Freien-Wähler-Bürgermeister über die Thematik spricht, desto mehr kommt er dann doch in Wallung. Weil er sich als Kommunalpolitiker nämlich ziemlich alleingelassen fühlt mit dem Problem. "Das ist schließlich eine staatliche Aufgabe", schimpft er, "aber die lehnen sich zurück, geben einem einen kleinen Zuschuss und sagen, die Kommune soll’s machen." Ausgerechnet jene politische Ebene also, die ohnehin am meisten Finanzprobleme hat. "Und die anderen schieben die Kohle ein", wettert Bogner und meint damit vor allem die jüngst vom Bund erzielten 6,5 Milliarden Euro bei der Versteigerung der 5G-Lizenzen.

Scheuers Versprechen

Immer wieder, versichert der Happurger Bürgermeister, habe er in der Vergangenheit an das zuständige Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur geschrieben. Wie viele andere Kommunalpolitiker auch. "Und der Minister Scheuer hat versichert, dass in einem Jahr alles besser sein soll. Aber das hat er vor einem Jahr auch schon angekündigt."

Bei der Klage über schlechte Mobilfunknetze geht es den Kommunen längst nicht mehr nur um mehr Annehmlichkeit für ihre Bürger. Funktionierende Handy-Telefonie ist ein Standortfaktor. Wo es kein Netz gibt, fühlen sich die Menschen abgehängt.


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Erst jüngst, berichtet Bernd Bogner, habe ihm ein Happurger Bürger, der in der Vergangenheit eher wenig Verständnis für die Funkloch-Klagen der anderen gezeigt hatte, erzählt, dass ihm ein Interessent für seine Mietwohnung im letzten Moment abgesprungen sei, weil er in den neuen vier Wänden kein Netz hatte. Wer Ferienwohnungen anbietet, kann dies längst nur noch dann mit Erfolg tun, wenn die Urlauber über Handy zu erreichen sind und schnelles Internet per WLAN zur Verfügung steht. Und für Gewerbebetriebe ist eine solche Infrastruktur meist noch viel elementarer.

"Zustand wie bei uns nicht mehr akzeptabel"

"Für ein Hochtechnologieland wie Deutschland ist ein Zustand wie bei uns nicht mehr akzeptabel", sagt Bürgermeister Bogner. Und dabei hat er durchaus Verständnis, dass es die Fränkische Schweiz mit ihrer Berg-und-Tal-Landschaft den Mobilfunkbetreibern nicht gerade einfach macht. Aber die Topografie Teneriffas ist schließlich nicht weniger tückisch.

Wie sehr man als kommunaler Verantwortlicher beim Thema Mobilfunk zwischen den Stühlen sitzt, hat der gelernte Verwaltungsmann Bogner schon erfahren dürfen, als er noch nicht Bürgermeister in Happurg war.

In der Gemeinde, in der er damals arbeitete, sollte einst ein stattlicher zusätzlicher Sendemast die Funklochzeiten beenden. Kaum stand das Teil, gingen in der Verwaltung heftige Beschwerden von Einwohnern ein. Sie schimpften über die Strahlenbelastung, zählten verschiedenste gesundheitliche Beschwerden auf und klagten über plötzliche Schlafstörungen.

"Ich habe mich dann um die Sache gekümmert", erzählt Bernd Bogner, "und beim Mobilfunkbetreiber schließlich herausgefunden, dass der Mast noch gar nicht in Betrieb war."

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