Medien brauchen die Distanz

15.3.2021, 20:13 Uhr

 

Corona hat uns vor einem Jahr alle unvorbereitet getroffen: Kein Politiker konnte sich auf eine Pandemie diesen Ausmaßes vorbereiten und natürlich wurden auch die Medien regelrecht überrollt.

Monatelang schien es nur noch ein Thema zu geben. Wie haben Rundfunk und Presse die Krise gemeistert?

Als der erste Lockdown am 16. März 20 verhängt wurde, verging kein Abend ohne einen "Brennpunkt" in den öffentlich-rechtlichen Programmen. Rückblickend kann man zweierlei feststellen: Das mediale Dauerfeuer war zu viel des Guten und es war, was noch besorgniserregender als die Überdosierung ist, viel zu nahe an der Position der Regierenden.

Obwohl verantwortliche Programmmacher von ARD und ZDF bis heute diesen Kritikpunkt reflexartig zurückweisen, ist an den Vorwürfen durchaus etwas dran. Auch die privatwirtschaftlich finanzierten Medien, also vor allem die Verlage mit ihren Print- und Onlineprodukten, gingen zunächst kaum auf Distanz.

"Mich beunruhigen seit Monaten die vielen Trompeter im Corona-Panikorchester", hat der Medienwissenschaftler Stephan Russ-Mohl die teilweise Angst machende Themenauswahl kritisiert.

Längst hat ein Umdenken eingesetzt:. Die Medien haben sich ihrer Kernaufgabe besonnen: Als vierte Gewalt hinterfragen sie das Verhalten der Regierungen. Das bietet immer häufiger Anlass zu kritischer Berichterstattung – auch in unseren Angeboten, die wir in Zeiten der Pandemie stark ausgeweitet haben (siehe Seite 6).

Muss der De-facto-Ausnahmezustand, das Regieren mit Infektionsschutzgesetzen, zwingend fortgesetzt werden? Ist es nicht überfällig, den Parlamenten ihr volles Mitsprachrecht zurückzugeben?

Gleiches gilt für die teilweise eingeschränkten Grundrechte. Der Unsinn so mancher von Berlin oder München verordneter Maßnahme wurde erst durch Medien offen gelegt.

Selbstkritisch muss allerdings festgestellt werden, dass die Wissenschaftsredaktionen im Lande (zu) stark ausgedünnt wurden. Naturwissenschaftliche Expertise zählt in vielen Redaktionen zur Ausnahme. Nur so ist das beinahe demütige und oft kommentarlose Aufgreifen der vom Robert-Koch-Institut präsentierten Statistiken zu erklären.

Pluralismus hat gesiegt

Gleiches gilt für die Übernahme der Position der vom Bund regelmäßig zitierten Virologen. Andere Stimmen hatten es schwer, die gesellschaftliche Dimension der Pandemie wurde ebenfalls erst sukzessive in den Fokus genommen. Heute, ein Jahr später, repräsentieren die Medien im Lande den Pluralismus. Das ist gut so. Denn es gibt anders als es uns Merkel, Söder & Co. erzählen wollen, nicht den richtigen Weg. Es gibt viele Optionen. Medien müssen diesen Bereich des Möglichen ausleuchten und einordnen. Erst dann werden sie ihrer Kontrollfunktion voll gerecht. Und sie müssen unbedingt auf Distanz zu den Regierungen agieren.

michael.husarek@pressenetz.de

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