2500 Ermittlungsverfahren allein in Berlin

Millionen verprellt und verärgert: So wird die Letzte Generation die Erde nicht retten

Harald Baumer

Berlin-Korrespondent der NN

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24.10.2023, 15:00 Uhr
Ein Klimaaktivist klebt sich in Bamberg auf die Straße.

© NEWS5 / Merzbach, NEWS5 Ein Klimaaktivist klebt sich in Bamberg auf die Straße.

Alleine die Berliner Staatsanwaltschaft hat seit Jahresbeginn 2500 Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder der Letzten Generation eingeleitet. Man mag es sich gar nicht vorstellen, wie viele Tausend Stunden Verkehrsteilnehmer im Stau stehen mussten, wie viele Termine geplatzt sind, wie oft es Ärger in der Firma gab - und was die Menschen, die in Autos und Bussen (!) festsaßen, über die von ihnen als "Klimakleber" bezeichneten Aktivistinnen und Aktivisten dachten.

Ein guter Zeitpunkt für eine Zwischenbilanz. Und für eine Antwort auf die wichtigsten Anliegen der Letzten Generation: Ist das Verständnis der Deutschen für die riesigen Gefahren des Klimawandels gewachsen? Konnte die Politik dazu gebracht werden, die selbst gesetzten Ziele besser umzusetzen? Nein, muss man in beiden Fällen sagen.

Eine überwiegende Zahl der Normalbürger weiß - mal mehr, mal weniger gut - um die Bedrohung unserer Zivilisation durch die Erderwärmung. Es findet auch schon ein Umdenken im Alltag statt, ob es nun um den Fleischverzehr, das Nutzen des öffentlichen Nahverkehrs oder die Anschaffung einer Wärmepumpe geht. Diese Menschen müssen nicht mehr durch kilometerlange, künstlich erzeugte Staus überzeugt werden.

Gegenteilige Entwicklung

Die Politik ist auf keine Forderung der Aktivisten eingegangen, was wesentlich damit zu tun hat, dass es in den Parlamenten derzeit keine Mehrheiten für noch weitgehendere Maßnahmen gibt. Im Gegenteil, die jüngsten Landtagswahlen zeigen eher eine gegenteilige Entwicklung. Der Druck von außen geht ins Leere, wenn nicht genügend Abgeordnete für ein sinnvolles und weltweit längst praktiziertes Tempolimit zu finden sind, um nur ein Beispiel zu nennen.

Die Bewegung Fridays for Future hat es in wenigen Jahren mit ihren Demonstrationen geschafft, den Älteren klar zu machen, dass es der Jugend bitter ernst ist mit ihren Forderungen und sie sich massiv um ihre Zukunft sorgt. Durch die Letzte Generation wurde dieses Bewusstsein nicht gesteigert. Wenn etwas gesteigert wurde, dann ist das die Wut auf die Blockierer und Beschmierer.

Natürlich können sie so weitermachen, das ist selbst durch Präventivhaft nicht zu verhindern. Sie müssen dann aber auch damit leben, dass die Strafen und zivilrechtlichen Forderungen immer höher ausfallen.

Keine Selbstjustiz

Um das zum Schluss auch noch zu erwähnen: Was nicht geht, und zwar unter keinen Umständen, das ist Selbstjustiz verärgerter Verkehrsteilnehmer. Wir haben ein staatliches Gewaltmonopol und daran muss sich außer in Notwehrsituationen jeder halten. Sonst wird er selbst zum Straftäter und sitzt zu Recht in der Zelle neben dem wegen Nötigung, Sachbeschädigung und Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte verurteilten Klimaaktivisten.

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