Mit Viren leben: Warum es die Zeit "nach Corona" kaum geben wird

15.8.2020, 13:43 Uhr

Irgendwann muss das doch vorbei sein mit diesem Virus... So dachten und hofften wir alle mal. Und dann wäre sie endlich da, die Zeit "nach Corona" – gemäß dem ja nachvollziehbaren Wunsch, der für manche zum Befehl an die Politik wird: Gebt uns unser altes Leben zurück!

Wird wohl nichts. Bei Corona steigen weltweit die Infektionszahlen, im Stundentakt werden vorher gelockerte Regeln wieder verschärft, Reisewarnungen erweitert. Im Vergleich zu vielen anderen Staaten sind die Zahlen hier nach wie vor erträglich. Das liegt auch an einer koordinierten Politik, die alles tat, um den Albtraum überfüllter Intensivstationen zu vermeiden. Diese Phase ist überstanden. Aber Sars-CoV-2 ist nach wie vor da, und täglich lernen wir Neues über das Virus. Die neue Studie aus Kupferzell zeigt, dass es wohl so schnell nichts wird mit der Herdenimmunität. Und die steigenden Infektionszahlen liegen keineswegs nur an den steigenden Tests.

Die sind wichtig. Aber sie müssen reibungslos funktionieren. Was da in Bayern passiert ist, zeigt, was gefährlich schiefgehen kann, wenn ein Ministerpräsident sich um jeden Preis als Musterschüler beweisen will: Markus Söder hat viel richtig gemacht in Sachen Corona, aber überzogen im Tempo – auch um der Schlagzeilen willen. Das mussten viel zu viele Menschen ganz direkt ausbaden – und noch viel mehr sind verunsichert oder verärgert. So bekommen eher die Corona-Skeptiker Auftrieb. Söder dürfte wissen, warum er das Rücktrittsangebot von Melanie Huml nicht annahm: weil er als (vielleicht zu) treibende Kraft dann eigentlich selbst die Verantwortung übernehmen, also zurücktreten hätte müssen.

Fehler passieren? Ja, gerade im Kampf gegen ein Virus mit vielen unbekannten Seiten. Aber es gibt Fehler, die mit mehr Gründlichkeit statt Tempo wohl vermeidbar gewesen wären. So bleibt ein angeschlagener Söder, der nun doppelt Recht hat mit seinem Satz "Corona ist echt fies". Für uns alle, aber gerade für Politiker.


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Vieles wird wohl bleiben

Wie geht es weiter? Gesünder mit den oft ungeliebten, aber bewährten Regeln: Abstand, Maske, Hygiene. Vieles davon wird wohl bleiben. Denn selbst wenn Corona irgendwann überwunden ist: Das Risiko, dass sich ein neues Virus auf den Weg macht, ist hoch. Wir müssen alles tun, um aus dem Gelernten wirklich Konsequenzen zu ziehen. Die heißen aktuell: keine Entwarnung, weniger Leichtsinn. Rasches, gezieltes, regionales oder lokales Handeln bei Hotspots – um einen neuen Lockdown zu verhindern. Den würden viele Firmen kaum überleben. Und die Härten vor allem für Ältere samt ihren Angehörigen haben zu oft zumutbare Grenzen überschritten.

Wir brauchen da mehr Menschlichkeit und Gemeinsinn, auch Gelassenheit und Disziplin. Alles Dinge, die eine gute Gesellschaft eigentlich ausmachen. Und die kann auch in Viren-Zeiten sehr lebenswert sein.

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