Nach Skandal um Franco A.: Im Bamf rumort es

12.5.2017, 18:58 Uhr
Mitarbeiter des Bamf berichten von Arbeitswochen mit 60 Stunden.

© dpa Mitarbeiter des Bamf berichten von Arbeitswochen mit 60 Stunden.

So wurden noch am Tag nachdem der Bundeswehrsoldat, der sich als Syrer ausgegeben und so vom Bamf Asyl bekommen hatte, festgenommen wurde, Mitarbeiter angehalten, weitere Mehrarbeit zu leisten. Der Leiter des operativen Bereichs, Rudolf Knorr, teilte den Referatsleitern mit, man erwarte, dass an den kommenden vier Samstagen "die Hälfte aller Entscheider/innen Dienst tut und Bescheide erstellt". Das zeigt ein interner Schriftverkehr, der das Gespräch zusammenfasst und den Nürnberger Nachrichten vorliegt. Diese Mehrarbeit sei notwendig, heißt es in der Mail weiter, "da ein zügiger Abbau des Altbestandes von uns als Bundesamt erwartet wird und unserer Reputation dient".

Dabei arbeiten viele Mitarbeiter bereits jetzt deutlich mehr als die tariflich vereinbarten rund 40 Stunden in der Woche - gegenüber den Nürnberger Nachrichten berichten Mitarbeiter von 60 Stunden-Wochen. Der Gesamtpersonalrat intervenierte, die zusätzliche Samstagarbeit sei mit ihm nicht abgesprochen gewesen. Daraufhin betonte Vizepräsident Ralph Tiesler in einer im internen Informationssystem veröffentlichten Mitteilung, dass die Mehrarbeit "auf freiwilliger Basis erfolgen soll". Der hohe Arbeitsdruck ist oft kritisiert worden, er könne Qualitätsprobleme mit sich bringen.

Unterdessen sucht die Asylbehörde den Whistleblower, der die Asylakte von Franco A. an die Medien durchgestochen hat - kurz nach Bekanntwerden des Falles zitierten die Nürnberger Nachrichten aus ihr. Bamf-Präsidentin Jutta Cordt kündigte in einer Mitteilung an alle Mitarbeiter des Bamf ein hartes Durchgreifen an. "Sollte sich diese Dienstpflichtverletzung bestätigen, werden wir auch hier die notwendigen Konsequenzen ziehen", heißt es in dem Schreiben, das den Nürnberger Nachrichten vorliegt. Die Akte des Bundeswehrsoldaten, die ursprünglich wie jede Asylakte für Entscheider, Prozesssachbearbeiter und Bürokräfte im Asylverfahrensekretariat zugänglich war, ist inzwischen gesperrt.

Noch 211 BA-Mitarbeiter abgeordnet

Unterdessen ergab eine schriftliche Frage der Grünen Bundestagsabgeordneten Luise Amtsberg, dass die Abordnung der Bundeswehr an das Bamf Ende März beendet wurde. Ans Bamf abgeordnet sind demnach noch 211 Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit (BA), sie werden alle als Entscheider eingesetzt, keiner ist als Anhörer tätig. Nach Informationen der Nürnberger Nachrichten geht die Bamf-Leitung aber davon aus, dass auch sie bis Ende Mai wieder an die Bundesagentur zurückbeordert werden.

Eine weitere schriftliche Frage der Bundestagsabgeordneten Luise Amtsberg, die den Nürnberger Nachrichten vorliegt, ergab, dass die 1000 positiven Entscheidungen von syrischen und afghanischen Asylsuchenden, die als Konsequenz aus dem Fall Franco A. überprüft werden sollen, nach Ansicht des Bundesinnenministeriums "im Vergleich zu den Entscheidungen des Bamf bei den Herkunftsländern Syrien und Afghanistan vom 1. Januar 2016 bis 27. April 2017 eine statistisch relevante Größenordnung" darstellen.

Amtsberg sieht das Vorgehen jedoch kritisch: "Es befremdet mich sehr, dass zur Aufdeckung systemischer Mängel bei der Bearbeitung von Asylverfahren im Bamf nur positive Bescheide und nur von Syrern und Afghanen durch die Innenrevision überprüft werden", die Grünen-Politikerin. "Es sind daher Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Vorhabens angebracht. Denn die Problematik von unzureichend geschulten Anhörern und Entscheidern und die völlig unzureichende Qualitätssicherung im Bamf gibt es auch bei den abgelehnten Asylverfahren." Sie kündigte an: "Wir werden hierzu die Leitung des BAMF am kommenden Mittwoch in der Innenausschuss Sitzung des Bundestages weiter befragen."

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