Artikel 72

„Nationale Notlage“ ausrufen? Medienbericht zu Merz sorgt für Verwirrung - Innenministerium spricht

Alicia Kohl

Redakteurin

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08.05.2025, 19:49 Uhr
Friedrich Merz ist noch nicht mal eine Woche im Amt und schon rankt sich die erste Verwirrung um ihn.

© IMAGO/Attila Husejnow / SOPA Ima/IMAGO/SOPA Images Friedrich Merz ist noch nicht mal eine Woche im Amt und schon rankt sich die erste Verwirrung um ihn.

Bundeskanzler Friedrich Merz will den nationalen Notstand ausrufen - oder doch nicht? Am Donnerstagabend (08. Mai 2025) kam es zu massiven Verwirrungen. Ausgelöst von Robin Alexander, dem stellvertretenden Chefredakteur der „Welt“. Der schreibt auf X: „Merz ruft tatsächlich die ‚nationale Notlage‘ aus. Die neue Bundesregierung will Artikel 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union aktivieren. Darüber werden zur Stunde die Botschafter der Nachbarstaaten im Innenministerium unterrichtet! Das bedeutet: Wesentlich mehr Grenzkontrollen und Zurückweisungen von Asylbewerbern an allen Grenzen.“

In Artikel 72 ist eine sogenannte Notlagenklausel festgeschrieben. Danach sind Ausnahmen beim Verbot von Zurückweisungen an den Grenzen möglich, wenn die öffentliche Ordnung oder nationale Sicherheit bedroht ist.

Eine Neuigkeit, die nicht allzu weit hergeholt scheint, schließlich hat die Union bereits angekündigt, verstärkt auf Grenzkontrollen setzen zu wollen. Nur wenige Stunden nach dem Post dementiert Regierungssprecher Stefan Kornelius das aber gegenüber der „Bild“. „Der Bundeskanzler will keinen nationalen Notstand in Kraft setzen“, betont er gegenüber der dpa und der „Bild“.

Zuvor hatte schon „Stern“-Politikchef Veit Medick bei X gepostet, dass Regierungskreise die Ausrufung der nationalen Notlage dementieren. Wie „Bild“ berichtet, konnte sich das Innenministerium auf Anfrage nicht äußern, da noch keine Formulierung stehen würde. Robin Alexander postete außerdem weitere Hintergründe zu seiner Recherche.

Das Bundesinnenministerium bestätigte auf der Plattform X zwar, dass die Botschafter der Nachbarstaaten eingeladen gewesen seien. Dies sei aber geschehen, um sie über die zuvor beschlossenen Maßnahmen zur Intensivierung der bestehenden Binnengrenzkontrollen zu informieren. In dem Tweet hieß es weiter: „Bei diesem Termin wurde gegenseitig betont, dass man weiterhin partnerschaftlich und eng zusammenarbeiten wird.“

Verstärkte Grenzkontrollen laufen an

Nach der Anweisung des neuen Bundesinnenministers Alexander Dobrindt (CSU) zu schärferen Regeln an den deutschen Grenzen sind in den ersten Bundesländern bereits verstärkte Kontrollen angelaufen. In Bayern kontrolliert die Bundespolizei ab sofort die Grenzen zu Österreich und Tschechien stärker. Das wird nach Angaben eines Sprechers für Reisende wahrnehmbar sein. Auch an den sächsischen, niedersächsischen und nordrhein-westfälischen Außengrenzen sind laut Bundespolizei zusätzliche Beamte im Einsatz. In Rheinland-Pfalz und im Saarland sollen die Kontrollen in Kürze anlaufen. Aus der Opposition und dem Ausland kam Kritik an den strengeren Regeln.

Das Präsidium der Bundespolizei erklärte, „Maßnahmen zur temporären Kräfteintensivierung“ würden stetig geprüft und umgesetzt. Zu konkreten Einsatzstärken werde man sich nicht äußern.

Dobrindt hatte angekündigt, schärfer kontrollieren zu lassen. Wenige Stunden nach seinem Amtsantritt kündigte er an, künftig sollten auch Asylsuchende an der Grenze zurückgewiesen werden können. Dies soll allerdings nicht für Schwangere, Kinder und andere Angehörige vulnerabler Gruppen gelten.