Nürnberger Ärztin Banu Büyükavci ist wieder in Haft

28.6.2019, 05:56 Uhr
Nürnberger Ärztin Banu Büyükavci ist wieder in Haft

© Foto: Andreas Gebert/dpa

Die Nürnberger Ärztin Banu Büyükavci und ihr Lebensgefährte Sinan Aydin, die beide zusammen mit sieben weiteren Angeklagten seit über drei Jahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen Terrorvereinigung in München vor Gericht stehen, befinden sich seit Dienstag wieder in Untersuchungshaft.

Die beiden türkischstämmigen Mediziner waren nach fast dreijähriger U-Haft im Februar 2018 auf freien Fuß gekommen. Die damals verfügte Außervollzugsetzung des Haftbefehls gegen Auflagen wurde jetzt rückgängig gemacht. Der 7. Strafsenat des Oberlandesgerichts München wirft Büyükavci und Aydin sowie einem dritten Angeklagten vor, gegen die Auflagen verstoßen und im April dieses Jahres ohne richterliche Erlaubnis Deutschland vorübergehend verlassen zu haben.

Teils Asyl gewährt

Es ist ein neues, trauriges Kapitel in der schier unendlichen Geschichte eines höchst umstrittenen Verfahrens. Den zehn Angeklagten wird vorgeworfen, das Auslandskomitee der kommunistischen türkischen Splitterpartei TKP/ML zu bilden. Ein militanter Flügel der TKP/ML wird für länger zurückliegende Anschläge auf staatliche Einrichtungen in der Türkei verantwortlich gemacht, bei denen es auch Todesopfer gab.

Nürnberger Ärztin Banu Büyükavci ist wieder in Haft

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Einige der Angeklagten saßen langjährige Haftstrafen in ihrem Heimatland ab und wurden Opfer von Folter. Nach ihrer Freilassung erhielten sie politisches Asyl in Deutschland.

Hierzulande ist die TKP/ML nicht verboten, sie wird auch nicht auf der EU-Terrorliste geführt, und ihren angeklagten Exil-Mitgliedern werden auch keine hier begangenen Straftaten vorgeworfen. Zur Festnahme der mutmaßlichen Parteiaktivisten kam es im April 2015 dennoch, weil das Bundesjustizministerium mit einer Verfolgungsermächtigung die Bundesanwaltschaft in die Lage versetzte, nach Paragraf 129 b des Strafgesetzbuches gegen die zuvor jahrelang beobachteten Kommunisten vorzugehen. Dieser nach den US-Anschlägen vom 11. September 2001 eingeführte Paragraf droht für die Unterstützung ausländischer Terrororganisationen Haft von fünf bis zehn Jahren an.

Höchst umstritten ist das TKP/ML-Verfahren, weil sich die Anklage auch auf von der Türkei überlassene Dokumente der dortigen Sicherheitsdienste stützt, in Teilen sogar auf Berichte von illegal in Deutschland aktiven türkischen Geheimdienstagenten. Weder Ex-Justizminister Heiko Maas noch seine Nachfolgerin Katharina Barley (beide SPD) konnten sich allerdings dazu durchringen, die Verfolgungsermächtigung, ohne die nach 129 b nicht angeklagt werden darf, zurückzuziehen.

Daran änderte auch die Einschätzung des vom Gericht als Gutachter berufenen Münchner Uni-Professors und Türkei-Experten Christoph Neumann nichts. Er zog die Wirksamkeit der TKP/ML in Frage und wertete den Kurs von Präsident Erdogan letztlich als die größere Bedrohung für die türkische Demokratie.

Auch Banu Büyükavci und ihrem Lebensgefährten werden keine Gewalttaten, sondern nur die ideelle Unterstützung der TKP/ML vorgeworfen. Nach der U-Haftentlassung hatte die von Patienten, Kollegen und Vorgesetzten geschätzte Ärztin wieder im Klinikum Nürnberg gearbeitet.

Auslieferung verweigert

Die jetzt erneut verfügte U-Haft wurde vom OLG München damit begründet, dass Büyükavci und Aydin im April unerlaubt nach Griechenland ausgereist seien, um dort an einem Kongress der TKP/ML teilzunehmen. Ein dritter Mitangeklagter war in Griechenland aufgrund eines internationalen Haftbefehls festgenommen worden. Seine von der Türkei beantragte Auslieferung lehnten die griechischen Behörden ab. Der Mann kam wieder frei, reiste zurück nach Deutschland und stellte sich – wie auch Büyükavci und Aydin – wieder dem seit Mai 2016 am OLG laufenden Verfahren.

Yunus Ziyal, der Nürnberger Anwalt von Banu Büyükavci, wollte das Vorgehen des Gerichts noch nicht bewerten, sondern sich zuvor mit seiner Mandantin beraten. Diese Kommunikation wird in dem nach den strengen Vorschriften eines Terrorprozesses geführten Verfahren durch Überwachungsmaßnahmen und Trennscheiben erschwert.

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