Bundestagswahl auf der Zielgeraden

Podcast Horch amol: "Olaf Scholz hat das Momentum auf seiner Seite"

15.9.2021, 16:21 Uhr

Noch ist nichts entschieden. Zwar deutet für die SPD und ihren Kanzlerkandidaten Olaf Scholz derzeit alles auf einen Sieg hin, aber für den Politikwissenschaftler ist der Wahlausgang durchaus noch offen. "Die SPD wird wohl nichts mehr an Stimmen verlieren", so Gross im Podcast "Horch amol" gegenüber NN-Chefredakteur Michael Husarek und Online-Chef Matthias Oberth. "Scholz hat das Momentum auf seiner Seite" und er stehe für "Solidität und Stabilität", was bei den Wählerinnen und Wählern gut ankommt.

Gleichzeitig sei es durchaus vorstellbar, dass die Rote-Socken-Kampagne der Union und die scharfen Angriffe auf die SPD Erfolg zeigen. "Wer von der CDU/CSU zur FDP geschwenkt ist, mag sich die Entscheidung nochmal überlegen, wenn er damit Rot-Rot-Grün verhindern kann", sagt Gross. Er sieht vor allem die "taktischen Wähler" als ein Potenzial, mit denen die Union den Abstand zur SPD noch verringern könnte. Die Attacken von Söder und Laschet bezeichnet er dennoch als Ausfluss der "puren Panik im Adenauer-Haus".

Das "Bashing des Koalitionspartners" - mit dem man ja seit 2013 gemeinsam eine Regierung bildet - führt er darauf zurück, dass die ursprüngliche Kampagne der Union komplett auf die Grünen ausgerichtet war. Die nun wiedererstarkte SPD hatte man nicht auf dem Schirm, was der Rückgriff auf alte Parolen deutlich zeige. Dass von Unions-Kandidat Armin Laschet die AfD und die Linken mehr oder weniger in einen Topf geworfen werden, sei zwar "Unsinn", könne aber bei den Wählerinnen und Wählern Wirkung zeigen.
Der Politikwissenschaftler selbst sieht die Linke "klar im demokratischen Spektrum verortet", was von der AfD keineswegs gesagt werden könne. Dass die rechtsextreme Partei in den Umfragen stabil über zehn Prozent liegt, zeige, dass es sich um "einen festen Kern" handelt, der nach wissenschaftlichen Untersuchungen nur noch zu einem Drittel aus Protestwählern besteht. Ein baldiges Verschwinden der Partei in der Versenkung sei trotz aller parteiinternen Streitigkeiten nicht zu erwarten, sagt Gross.

Die Grünen wiederum machen sich laut Martin Gross das Leben selbst schwer. "Sie werden das beste Ergebnis in ihrer Geschichte einfahren, aber es wird sich wie eine Niederlage anfühlen", so Gross. Die hohe Erwartungshaltung hätten die Grünen selbst befeuert, doch das Programm der Partei ginge vielen Wählerinnen und Wählern zu weit.

Von besonderem Interesse ist für den Wissenschaftler aber nicht nur der Ausgang der Wahl, sondern die folgenden Wochen und Monate. Davon ausgehend, dass drei Parteien für ein Regierungsbündnis nötig sind, "werden sich schon die Sondierungsgespräche über Wochen hinziehen", ist sich Gross sicher. Von den Koalitionsverhandlungen wäre da noch nicht einmal die Rede. Denn egal, ob die SPD oder die CDU/CSU am Ende die Nase vorn hat: "Es wird so knapp werden, dass alle mit allen denkbaren Partnern Gespräche führen". Mit welchem Ergebnis? Für Martin Gross ist hier vieles denkbar, je nachdem, wie die Verhandlungen um "Macht und Posten innerhalb einer Regierung" ausgehen. Doch hören Sie selbst...

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