"Europa destabilisieren"

Putins düsteres Kalkül: Top-Diplomat sagt, was Russland mit Krieg auslösen will

22.5.2022, 12:30 Uhr
Im Jemen herrscht seit Jahren Hungersnot. Die Krise spitzt sich dort weiter zu, viele Kinder sind unterernährt.

© Mohammed Mohammed, dpa Im Jemen herrscht seit Jahren Hungersnot. Die Krise spitzt sich dort weiter zu, viele Kinder sind unterernährt.

Ziel sei es, Europa durch massive Flüchtlingsbewegungen zu destabilisieren, sagte der Diplomat Rüdiger von Fritsch dem "Tagesspiegel" (Sonntag). "Putins Kalkül besteht darin, dass nach dem Zusammenbruch der Getreidelieferungen die hungernden Menschen aus diesen Regionen fliehen werden und versuchen, nach Europa zu kommen - wie damals die Millionen Syrer, die vor den Schrecken des Krieges flohen."

Deshalb hindere Russland die Ukraine daran, Getreide zu exportieren und bombardiere Getreidesilos, sagte von Fritsch. "Mit neuen Flüchtlingsströmen will er Europa destabilisieren und politischen Druck aufbauen, damit westliche Staaten ihre harte Haltung gegen Russland aufgeben. Das ist seine neue hybride Kriegsführung", sagte von Fritsch.

Unter hybride Kriegsführung versteht man auch den Einsatz nichtmitlitärischer Mittel wie beispielsweise Cyberangriffe oder Desinformationskapagnen.

Millionen Tonnen Getreide fehlen

Die Ukraine ist einer der größten Getreideproduzenten der Welt. Der Export über die ukrainischen Seehäfen ist wegen des russischen Angriffskrieges allerdings zum Erliegen gekommen. Nach Angaben der Bundesregierung blockiert Russland in der Ukraine die Ausfuhr von 20 Millionen Tonnen Getreide vor allem nach Nordafrika und Asien, ein Großteil davon im Hafen von Odessa.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warnte am Samstag der "New York Times" zufolge ebenfalls vor einer globalen Ernährungskrise, wenn Russland nicht bald an der Blockade der Weizenlieferungen gehindert werde. Er brachte dafür eine "militärische Lösung" ins Spiel.

Der US-Sender NBC News hatte Anfang Mai berichtet, dass Selenskyj in in einem Gespräch mit US-Abgeordneten den Wunsch nach modernen Anti-Schiffsraketen geäußert habe, um die russische Blockade der ukranischen Häfen zu brechen.

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