Thüringen: Gespräche über mögliche Ramelow-Wahl

17.2.2020, 10:24 Uhr
Bodo Ramelow (Die Linke) scheiterte bei der Wahl zum Ministerpräsidenten im dritten Wahlgang. Nun bekommt er eventuell eine neue Chance.

© Martin Schutt, dpa Bodo Ramelow (Die Linke) scheiterte bei der Wahl zum Ministerpräsidenten im dritten Wahlgang. Nun bekommt er eventuell eine neue Chance.

Knapp zwei Wochen nach dem Debakel bei der Thüringer Ministerpräsidentenwahl wollen Vertreter von Linken, SPD und Grünen an diesem Montag in Erfurt mit CDU-Abgeordneten über Auswege aus der Regierungskrise sprechen. Die Christdemokraten lehnen es bislang ab, den früheren Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) aktiv in das Amt des Regierungschefs mitzuwählen.

Ramelow will sich noch einmal zur Wahl stellen

Ramelow will sich erneut einer Ministerpräsidentenwahl stellen, wenn es für ihn eine Mehrheit ohne AfD-Stimmen gibt - dafür sind mindestens vier Stimmen von CDU oder FDP nötig. Den Christdemokraten verbietet ein Bundesparteitagsbeschluss jede Form der Zusammenarbeit mit der AfD und den Linken. Linke, SPD und Grüne kommen im Parlament in Erfurt zusammen aber nur auf 42 Stimmen, für eine absolute Mehrheit wären 46 Stimmen nötig.

Die Ministerpräsidentenwahl Anfang Februar hatte bundesweit für Empörung gesorgt. Der FDP-Politiker Thomas Kemmerich wurde im dritten Wahlgang mit den Stimmen von AfD, CDU und FDP zum Regierungschef gewählt. Drei Tage später trat der 54-Jährige zurück und ist seitdem geschäftsführend im Amt, bis ein neuer Ministerpräsident gewählt ist.

Die CDU hatte zuletzt durchblicken lassen, sich bei einer neuen Wahl womöglich zu enthalten, so dass Ramelow im dritten Wahlgang die dann nötige relative Mehrheit erhalten könnte.

Ramelow war zuletzt auf die CDU zugegangen. Er sei bereit, sich mit der CDU auf Aufgaben wie den Landesetat für 2021 oder ein Investitionsprogramm für die Kommunen zu verständigen, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. "Ich hoffe, dass es gelingt, Verabredungen mit der CDU zu treffen, so dass die beginnende Staatskrise möglichst abgewendet wird." Ramelow hatte vorgeschlagen, dass er nach seiner Wahl den Weg für eine geordnete Neuwahl frei macht - möglichst nach einer Verständigung über den Etat für 2021, um Thüringen bis zu einer Landtagswahl handlungsfähig zu halten.


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"Auch eine Vereinbarung für Neuwahlen müssen wir zusammen treffen", betonte Ramelow im dpa-Gespräch. Für eine Auflösung des Thüringer Landtags sind 60 der 90 Stimmen nötig. Rot-Rot-Grün hat zusammen 42 Stimmen, die CDU 21 und die FDP 5.

Höcke zeitgleich bei Pegida-Jubiläum

FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg übte scharfe Kritik an dem früheren Ministerpräsidenten. "Bodo Ramelow handelt dem Ernst der Lage nicht angemessen und heizt durch inflationären Gebrauch von Begriffen wie Faschismus und Staatskrise die Stimmung an, statt zur Beruhigung und Lösung beizutragen", sagte sie den Welt.

Am Samstag hatten in Erfurt ungeachtet des Rücktritts von Kemmerich Tausende Menschen gegen die Wahl des Regierungschefs mithilfe der AfD protestiert. Die AfD-Fraktionschefin im Bundestag, Alice Weidel, erklärte hingegen, ihre Partei sei nach der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen "zum politischen Felsen geworden, an dem die etablierten Parteien wie Nussschalen zerschellen". Dafür verdiene der Thüringer AfD-Partei- und -Fraktionschef Björn Höcke "höchsten Respekt", sagte Weidel auf einem Sonderparteitag der AfD Baden-Württemberg in Böblingen, auf dem sie zur Landesvorsitzenden gewählt worden war.

Höcke wird an diesem Montag nahezu zeitgleich zu dem Vierergespräch in Erfurt beim 200. Protestmarsch der islam- und fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung in Dresden erwartet. Dagegen regt sich breiter Protest. Unter dem Motto "Demokratie braucht Rückgrat" riefen am Sonntag die Kreisverbände der Dresdner CDU und FDP sowie die Sächsische Bibliotheksgesellschaft (SäBiG) zur Kundgebung auf.

Unterstützt wird die Demonstration vom Landesverband Sachsen der Jüdischen Gemeinden, den Kirchen sowie als Privatpersonen unter anderem von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), dem Dresdner Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) und dem neuen Ost-Beauftragten der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU).

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