Umfrage: Wo sich Frankens Frauen ausgebremst fühlen

30.3.2019, 05:09 Uhr
Umfrage: Wo sich Frankens Frauen ausgebremst fühlen

© Stefan Hippel

Herzlichen Dank an alle Frauen in der Metropolregion und darüber hinaus - die Redaktion ist überwältigt von dem großen Echo, dass unsere Fragebogenaktion zum Internationalen Frauentag am 8. März gefunden hat. Wir wollten wissen, wo sich Frauen im Beruf ausgebremst fühlen, was sie von den Kommunen fordern, welche gesellschaftlichen Veränderungen es braucht und was sie als Erstes anders machen würden. Insgesamt wurde der Fragebogen 515-mal ausgefüllt. 164 Nürnbergerinnen teilten uns mit, was ihnen unter den Nägeln brennt. 49 Fürtherinnen, 41 Frauen aus Erlangen, 13 aus Würzburg und elf aus Ansbach schrieben auf, was sich aus ihrer Sicht ändern muss. Hinzu kommen viele Einsendungen aus kleineren Ortschaften. Die meisten Frauen gaben an, dass sie in einer Beziehung leben, mit oder ohne Kinder. Rund 70 Teilnehmerinnen sind alleinerziehend, ebenso viele leben als Single ohne Kinder. Die Redaktion gibt die Fragebögen nun an die jeweiligen Kommunen weiter und wird über die Reaktionen in den Rathäusern berichten.

Umfrage: Wo sich Frankens Frauen ausgebremst fühlen

© NN-Grafik

Was muss sich im Job ändern?

Beruf und Familie sind gar nicht unter einen Hut zu bringen, schreibt eine 67-jährige Singlefrau aus Forchheim. Eins von beidem bleibe auf der Strecke. Als Gründe dafür geben viele Frauen an, dass sie als Teilzeitkräfte nicht ernst genommen werden. Ihnen werde im Job weniger zugetraut als männlichen Kollegen, Chefs sehen sie eher als Mütter, denn als Arbeitnehmerin. Viele spüren einen permanenten Druck, sich beweisen zu müssen. Männer-Netzwerke sorgten dafür, dass Führung oft männlich bleibt. Hinzu kommt die ungleiche Bezahlung und die Doppelbelastung durch Familie und Beruf und das alles mit einer Kinderbetreuung, die von vielen als unflexibel kritisiert wird.

Eine 29-Jährige stört es, dass sich Frauen immer noch ganz selbstverständlich zwischen Kind und Karriere entscheiden müssen, "während Männer weiter berufliche Ziele verfolgen können“. Einige Frauen geben aber auch an, dass sie nichts im Beruf ausgebremst habe. "Ich war in einer Führungsposition und habe festgestellt, dass man als Frau respektiert wird, wenn die Arbeitsleistung von Sachkenntnis geprägt ist“, schreibt eine 60-Jährige.

Umfrage: Wo sich Frankens Frauen ausgebremst fühlen

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Frauen stellen ihr Licht oft selber unter den Scheffel, da sind sich viele einig. Ihre Gutmütigkeit sei der Grund, warum sie wie viele Frauen schnell zu Mehrarbeit bereit sei, schreibt eine 56-Jährige. "Ich hatte Hemmungen mich selbstbewusst zu zeigen, wollte keine Emanze sein", eine 74-Jährige.

Gewünscht wird mehr Frauensolidarität. Sie gehe davon aus, dass sie ihre berufliche Position verliert, sobald sie in Elternzeit geht, schreibt eine Frau. Chef und Kollegen – Männer wie Frauen – seien bestimmt genervt, sobald sie Kinder hat. Das könne aber doch gesellschaftlich nicht funktionieren. "Steuerzahler produzieren sich nicht von alleine.“ möl

Was soll die Kommune tun?

Eine 67-jährige Nürnbergerin fordert: Eine Bürgermeisterin muss her. Einig sind sich die meisten darin, dass kommunale Gremien paritätisch besetzt sein sollten. Viele wünschen sich eine Offenlegung städtischer Gehälter, um nachvollziehen zu können, ob Frauen und Männer gleich bezahlt werden.

Kommunen sollten nicht nur selber mehr Frauen einstellen, sondern bei Neuansiedlungen Firmen den Vorzug geben, die für Gleichberechtigung sorgen. Zentrales Thema ist die Kinderbetreuung. Dringend müsse diese flexibler werden. Eine 42-jährige Mutter aus Nürnberg stellt sich konkret einen Betreuungszeitraum von zehn Stunden vor, in dem Eltern flexibel Zeiten für ihre Kinder buchen können. Kitas und Horte müssten auch in den Schulferien geöffnet sein, kostenlose Betreuung ist eine häufige Forderung.

Eine 68-Jährige aus Nürnberg findet es erstrebenswert, dass alle wichtigen Positionen durch "bewährte Frauen-Befürworterinnen" besetzt werden, die langfristig Männerbünde abschaffen könnten. Weiterhin gehören für viele zu einer frauenfreundlichen Stadt eine gute Mädchenarbeit in den Jugendzentren, ein sicherer öffentlicher Raum, Spielplätze, guter Nahverkehr sowie Radwege und schöne Plätze für alle. möl

Welche Männer braucht‘s?

"Frauen müssen bei sich daheim anfangen, Männern bei der Kinderbetreuung zu vertrauen und diese auch aktiv einzufordern." Selbstkritische Töne bringt eine 42-jährige Nürnbergerin in die Debatte ein; sie ist Mutter und arbeitet Vollzeit. Als Bedingung für Gleichberechtigung werden besonders häufig Lohngleichheit, Parität in der Politik oder mehr Männer in Elternzeit genannt. Männer müssen endlich akzeptieren, "dass wir Frauen anders denken und arbeiten und uns nicht an männliche Schemata anpassen wollen". Eine 59-jährige Ansbacherin fordert 50 Prozent Frauen "auf vielen Ebenen", dazu gleichen Lohn.

"Macht Mode, die eine Frau in den Jahren schick aussehen lässt, keine Sexpuppenmode", schreibt eine 59-jährige Heilsbronnerin, die die Mütterrente "einen Witz" findet. Die bessere Bezahlung von "typisch weiblichen Berufen" findet eine Fürtherin (49) wichtig. Kindererziehungszeiten und Teilzeitarbeit müssten bei der Rente absolut ausgeglichen werden.

Die Belastungen, denen Frauen ausgesetzt sind, findet eine 54-jährige Nürnbergerin "unsäglich": Erfolg im Beruf, keine Brüche im Lebenslauf, Kinder liebevoll erziehen und gleichzeitig berufstätig sein, das sei in einem Leben nicht zu schaffen. Ihre Idee: "Unsittlich hohe Gehälter" sollten gedeckelt werden, Reichen- und Finanztransaktionssteuer die Lage der Frauen erleichtern.

"Das gesellschaftliche Bild des Vaters muss sich verändern", findet eine 62-Jährige, die Mutter ist. "Partnerschaft und Gleichberechtigung lernen die Kinder so von Anfang an." Ohne bedingungsloses Grundeinkommen sei das nicht zu haben.

"Das Denken, dass Frauen weniger wert sind, muss aufhören", schreibt eine 23-Jährige aus Postbauer-Heng. Von der "Pille für den Mann" träumt eine Künstlerin, 57; Jungs findet sie zu testosterongesteuert, Mädchen dagegen "zu brav“. Eine Teilnehmerin (40) wünscht sich ein Ministerium für Chancengleichheit, eine andere „mehr radikale Feministinnen“, eine dritte möchte politische Ämter mit geringerer Arbeitszeit möglich machen. c.s.

Das muss schnell passieren!

Sie wünsche sich Gleichberechtigung in der Schule, schreibt eine 16-jährige Schülerin aus Erlangen. Es gebe durchaus sexistische Lehrer, die es ignorieren, wenn man sie darauf hinweist. Es müsse Schluss damit sein, als Feministin oder Sexismus-Beauftragte bezeichnet zu werden, „wenn man Menschen auf ihr Klischeedenken hinweist“. Apropos Klischee: Vielen Frauen ist es wichtig, dass es Männern erleichtert wird, weniger und flexibler zu arbeiten. Dass sich beide Elternteile die Familienarbeit teilen, müsse endlich anerkannt werden.

Lohngleichheit gesetzlich regeln, mehr Personal in Kitas und Schulen, Ganztagsunterricht, in dem Mädchen auch beigebracht wird, wie sie sich in der Gesellschaft selbstbewusst positionieren – die Forderungen sind vielfältig.

Eine darstellende Künstlerin aus Fürth (61) drängt darauf, das "Prestige der Familienarbeit" zu verbessern und das Kindeswohl in den Fokus zu stellen. Eine 69-Jährige aus Erlangen kann sich ein "Hausfrauengehalt“ vorstellen, eine alleinerziehende 33-Jährige mehr Ausbildungsplätze in Teilzeit. Während eine 65-Jährige erst mal Muttertag und Weltfrauentag abschaffen würde, weil Frauen an jedem Tag wichtig seien, denkt eine 54-Jährige über "Frauen-Selbstbewusstseins-Seminare“ nach. Denn "oft können Frauen viel mehr als Männer und oft auch als sie sich selbst zutrauen“.

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